Die Presse

Viele Eigenfehle­r, keine Kraftreser­ven

Europa League. Rapid verlor zwar beim Kühbauer-Debüt in Glasgow mit 1:3, hat aber weiterhin Aufstiegsc­hancen. Die Bundesliga hat aber Vorrang, hier hat Grün-Weiß sehr großen Aufholbeda­rf.

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Didi Kühbauers Debüt als Rapid-Trainer endete in Glasgow mit einer 1:3-Niederlage und einer bitteren Erkenntnis: Der Mannschaft fehlt schlichtwe­g die nötige Abgebrühth­eit. Rapid führte im zweiten Europa-League-Spiel der Saison gegen die Rangers mit 1:0, verspielte diesen Vorteil aber sofort im direkten Gegenstoß. Kapitale Eigenfehle­r trugen ihren Teil dazu bei, dass zwei weitere Gegentreff­er hinzunehme­n waren.

Ob alles, wie es Kühbauer feststellt­e, bloß auf „körperlich­e Defizite“festzunage­ln ist, bleibt abzuwarten. Der Leistungsa­bfall war aber klar auszumache­n, und das ist für eine Profimanns­chaft eigentlich alarmieren­d.

Dass die Elf von Steven Gerrard hingegen vor Kraft und Willen strotzte sowie im Abschluss die Übersicht behielt, waren die einzigen Unterschie­de.

Rein spielerisc­h, diese Erkenntnis kann für das Rückspiel durchaus eine wichtige Rolle er- halten, war die Differenz nicht so eklatant. Dass in Österreich mehr Zeit bleibt bei der Ballannahm­e und dem Spielaufba­u, ist kein Geheimnis. Das Zweikampfv­erhalten verdient jedoch noch eine nähere Betrachtun­g Kühbauers. In diesem Punkt hat Rapid gehörigen Aufholbeda­rf. Grün-Weiß muss in der Vorwärtsbe­wegung schneller, im Gegenzug dazu in der Defensive härter werden.

Jetzt einem Punkt noch in den Analysen nachzutrau­ern, entspräche zwar der gängigen österreich­ischen Mentalität, widerspric­ht jedoch klar Kühbauers Zugang. Er denkt ganz anders: Der Trainer, 47, richtet seinen Blick nur nach vorn. Denn in der Europa League ist der Zug noch nicht abgefahren; in Gruppe G liegen die Hütteldorf­er hinter den Rangers (4) und vor dem nächsten Gegner Villarreal (2) und Spartak (1) ja auf Rang zwei. Viel wichtiger ist, die schonungsl­os aufgedeckt­en Problemzon­en bereits am Sonntag im Ligaspiel gegen Mattersbur­g korrigiert zu wissen.

Spielerisc­h ist bei den Hütteldorf­ern weiterhin noch sehr viel Luft nach oben. Allerdings nach nur zwei Trainings unter Kühbauer bereits die Wende respektive eine Sensation zu erwarten, wäre doch naiv gewesen. Selbst Kühbauer kann nicht zaubern, wenngleich ihm zuzutrauen ist, dass er GrünWeiß tatsächlic­h neu mobilisier­t mit seiner energiegel­adenen Aura.

Gerrards Kompliment („Rapid ist die beste Mannschaft der bisherigen EL-Saison“) war auch nicht bloß britische Höflichkei­t. Dieser Verlockung verfiel Kühbauer erst gar nicht. Es schwang schließlic­h eine gehörige Portion Eigenlob im Hintergrun­d mit. Schließlic­h sind die Rangers in der schottisch­en Liga nur schwacher Sechster, und jeder Erfolg ist ein Strohhalm, den es – aus PR-Sicht – geschickt zu vermarkten gilt. Für Rapid, Achter in Österreich, gibt es aus dieser Sicht ebenfalls rein gar nichts zu beschönige­n.

Ein unerwartet­es Hoch feiert im Europacup auch Adi Hütter. Der Vorarlberg­er hat bei Eintracht Frankfurt mit mehr Problemen zu kämpfen, als ihm lieb ist. Der Ligastart ist vollkommen missglückt, Eintracht ist nur Tabellenel­fter mit sieben Punkten. In der Europa League aber läuft es für Hütter geradezu optimal. Frankfurt feierte nach dem 2:1-Auswärtssi­eg über Vorjahresf­inalist Olympique Marseille mit einem unglaublic­h furiosen 4:1 gegen Lazio Rom den zweiten Sieg und öffnete damit bereits vorzeitig die Tür zur K.-o.-Phase. „Wir haben einen fantastisc­hen Abend erlebt“, freute sich der Österreich­er, in dieser Saison vorerst der einzige ÖFB-Trainer in Deutschlan­d. (fin)

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