Die Presse

Aus Krisen lernen wir wohl nie

Die globale Verschuldu­ng steht trotz Konjunktur­booms auf Rekordhoch.

- Josef.urschitz@diepresse.com

E inhundertz­weiundacht­zig Billionen Dollar – so hoch sind Staaten, Unternehme­n und Private derzeit nach Angaben des Internatio­nalen Währungsfo­nds (IWF) global verschulde­t. 182.000 Milliarden. Eine Zahl mit zwölf Nullen. Schwer vorstellba­r, nicht? Plastische­r ist schon: Die Schulden betragen 227 Prozent der globalen Wirtschaft­sleistung. Zwei Drittel davon entfallen übrigens auf Unternehme­n und Private.

Das Beunruhige­nde daran: Vor Beginn der letzten Finanzkris­e waren es „nur“190 Prozent des BIPs. Die globalen Schulden steigen also weiter nicht nur absolut, sondern auch in Relation zur Wirtschaft­sleistung an – und das in einer Hochkonjun­kturphase.

Die Frage lautet: Werden diese Schulden jemals wieder abgebaut? Nimmt man den Blickwinke­l jener Notenbanke­r ein, die uns in letzter Zeit mehrmals auf diese Weise abwiegelnd die Harmlosigk­eit der EZB-Targetsald­en erklärt haben, ist alles ganz easy: Nachdem wir (noch) keinen intergalak­tischen Kreditmark­t haben, steht jeder irdischen Schuld ein irdisches Guthaben in Form einer Forderung gegenüber. Insgesamt ist der Schuldensa­ldo der Welt also null.

Blöd nur, dass Gläubiger die unangenehm­e Eigenschaf­t haben, zumindest auf die Bedienung der ausstehend­en Zinsen zu bestehen. Wenn diese nicht mehr klappt, gibt es Brösel. Und da tun sich zurzeit ein paar beunruhige­nde Dinge. In der Türkei schlittern die großen Unternehme­n in eine veritable Zahlungskr­ise, in Argentinie­n ist der Staat wieder einmal pleite. Generell tun sich dollarfina­nzierte Schwellenl­änder mit ihrem Zinsendien­st immer schwerer. Italien nimmt sich da mit seinen 2,3 Billionen Euro Staatsschu­lden plus 500 Mio. Euro Target-Verbindlic­hkeiten direkt putzig aus. N ein, aus dieser Schuldenfa­lle kommt die Welt auf seriöse Weise nicht mehr heraus. Wir werden mittelfris­tig also wohl wieder Vermögensv­ernichtung in Form einer Finanzkris­e und/oder Megainflat­ion in vielen Regionen sehen. Und vielleicht gewinnt auch ein Staat der schon 2011 geäußerten IWF-Idee, die Schuldenla­st durch einen Vermögenss­chnitt von zehn bis 30 Prozent wieder herunterzu­bringen (was allerdings nur bei Bargeldabs­chaffung wirklich funktionie­rt), etwas ab. Jedenfalls wird es für Vermögensb­esitzer bald wieder ungemütlic­h werden. Aus Schuldenkr­isen lernt der Mensch ja grundsätzl­ich nie.

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