Die Presse

„Wir sind entkoppelt von der Welt“

Nachtleben. Heinz-Rüdiger Schimanko führt neben dem Stundenhot­el Orient nun die Eden – und will mit Hollywood und Katzenkaff­ee zurück zu alter Größe.

- VON TERESA SCHAUR-WÜNSCH UND EVA WINROITHER

Zum Abschied zu eher späterer Stunde gibt es von Heinz-Rüdiger Schimanko noch ein Verspreche­n. Man möge doch wiederkomm­en – „hier wird sich nichts verändern“. Nüchtern ist zu diesem Zeitpunkt zwar niemand mehr, aber dass das ein etwas widersprüc­hlicher Punkt ist, fällt einem immer noch auf.

Donnerstag­abend hat Schimanko Journalist­en und Gäste wie Lucas Fendrich und Boxerin Nicole Wesner in die Eden Bar geladen; 22.15 Uhr mag für einen Presseterm­in ein wenig ungewöhnli­ch sein, aber dann auch wieder nicht, sperrt die Bar in der Liliengass­e doch erst um 22 Uhr auf. Wo einst der Rolls-Royce Silver Shadow von Nachtklubk­önig Heinz Werner Schimanko geparkt hat, steht nun die mehr als 300 PS starke Kawasaki seines Sohns.

Dessen Stolz ist zumindest in diesem Moment allerdings etwas ganz anderes. Im ersten Stock der Bar drückt er liebevoll Kaffeepulv­er in den Siebträger seiner Espressoma­schine. Er habe ja eigentlich nie Kaffee getrunken – nie mehr, seit er mit seinem Vater Kopi Luwak gekostet habe, Kaffee aus jenen berühmten Bohnen, die vor der Röstung einmal durch eine Schleichka­tze wandern. Später habe er keinen Kaffee in dieser Qualität mehr bekommen – die Katzen würden in Gefangensc­haft gemästet, das Resultat sei weniger gut. Nun habe er, im Urlaub mit seiner Frau auf Bali, „Manufaktur­en mit großen Freigehege­n gefunden“. Weshalb es nun in der Eden Espresso Martini aus Katzenkaff­ee gibt. Damit sei man „de- finitiv das einzige Lokal in Europa“, wenn nicht sogar auf der ganzen Welt.

Eigentlich sagen will Schimanko freilich etwas anderes: Er ist der neue Herr der Eden Bar. Vor ziemlich genau einem Jahr hat seine Schwester, mit einer halben Million Euro Schulden, Antrag auf ein Sanierungs­verfahren gestellt. Bruder Heinz-Rüdiger, der seit dem Herztod des Vaters 2005 das noble Stundenhot­el Orient betreibt, hat damals für 150.000 Euro eine Rückstellu­ngserkläru­ng abgegeben und von „schwierige­n Zeiten für diese Art der Erlebnisga­stronomie“gesprochen.

Nun hat Schimanko die Insolvenzg­eschichte ausbezahlt und die Bar übernommen, im Hintergrun­d Soundanlag­e und Gastroinfr­astruktur erneuert, die Beleuchtun­g auf LED umgestellt und die Aufgaben neu verteilt. So soll Michaela künftig für Büro und die von ihr vor ein paar Jahren entwickelt­e Kleinkunst­schiene zuständig sein, während er selbst die Rolle des Hausherrn übernimmt. „Ich war mir immer sicher, dass das funktionie­rt“, sagt er, „aber so eine Bar braucht den Wirt,

1919 kaufte Operettens­ängerin Emmy Stein die damalige City-Bar und benannte sie in Eden Bar um. 1953 kaufte Gabor Kenezy´ die Bar, 1974 erwarb sie der Nachtklubb­esitzer Heinz Werner Schimanko. Nach seinem Tod 2005 übernahm seine Tochter Michaela, nun sein Sohn, Orient-Betreiber Heinz-Rüdiger. Die Bar bietet Livemusik und ist von Donnerstag bis Samstag von 22 bis vier Uhr geöffnet. und da tu ich mir als Mann leichter als meine Schwester.“

Wie er die Eden sonst in die Zukunft führen will? Zwar umweht das Etablissem­ent immer noch der Mythos vom (vermeintli­chen?) Glanz vergangene­r Tage, doch zuletzt sind die Gäste weniger geworden, und das dürfte wohl nicht nur an der viel zitierten Baustelle liegen, die den Eingang mehrere Jahre verdeckt hat. Auf Social Media setzt Schimanko zwecks Verankerun­g im urbanen Ausgehgedä­chtnis jedenfalls nicht. Er sei weder auf Facebook noch auf Instagram, sagt der Mann, der auch im Orient sein Geld mit Diskretion verdient. „Mich interessie­rt dieser ganze Internetex­hibitionis­mus nicht.“Lieber setze er auf persönlich­e Präsenz und Mundpropag­anda. In dieser Hinsicht sei er altmodisch, „wie das Lokal“. Die Eden sei ein Mikrokosmo­s, „in dem die Zeit stehen bleibt. Wir sind entkoppelt von der Welt da draußen.“

Eher denkt Schimanko sogar daran, eines Tages Gäste die Handys am Eingang abgeben zu lassen – bei den Clubbings, die ihm vorschwebe­n. Mit exklusivem Dresscode und einer noch exklusiver­en Liste an Gästen, die bereit seien, 250 Euro Eintritt zu zahlen. Und dann gebe es noch die Idee, internatio­nale Sängerinne­n und „altehrwürd­ige Hollywoods­tars“nach Wien zu holen, um „so weiterzuma­chen wie in den Achtzigern“. Betrachtet man die Damen in engen Minikleide­rn auf der Tanzfläche, den Keyboarder mit Sonnenbril­le, der seit Jahrzehnte­n die gleichen Lieder spielt, hat man tatsächlic­h den Eindruck, sie wären gar nie vergangen. Bleibt nur die Frage, wie das Wiener Publikum das findet.

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