Ein polyglotter Liberaler als freiheitliche Ikone
Porträt. Cajetan Felder war einer der schillerndsten Bürgermeister Wiens, er initiierte unter anderem die Hochquellwasserleitung. Heute ist er Namensgeber jenes Instituts, das das Trümmerfrauendenkmal errichtete.
Er war Anwalt und Naturforscher. Durchwanderte Europa, war in Afrika unterwegs. Er war Landmarschall von Niederösterreich und Wiener Bürgermeister. Er veranlasste den Bau der Hochquellwasserleitung, des neuen Rathauses, des Zentralfriedhofs sowie die Donauregulierung. Er war ein Liberaler und Gegner der aufstrebenden Christlich-Sozialen um Karl Lueger.
Diese Woche kam der Name Cajetan Felder seit Langem wieder einmal in den Medien vor. Als Namensgeber jenes FPÖnahen Instituts, das offiziell für die Aufstellung des Trümmerfrauendenkmals in Wien verantwortlich war. Das Cajetan-Felder-Institut war 1987 von freiheitlichen Politikern rund um den früheren freiheitlichen Stadtparteichef Rainer Pawkowicz gegründet worden. Im Wiener Landtagswahlkampf 2015 erklärte Spitzenkandidat Heinz-Christian Strache, er wolle „der erste freiheitliche Bürgermeister nach Cajetan Felder werden“.
Cajetan Felder, 1814 in Wien geboren, war als Kind Vollwaise geworden. In dieser schwierigen Zeit folgten einige Schulwechsel, 1834 begann er mit dem Jusstudium. Als Student durchwanderte er Europa zu Fuß – er kam bis Irland und Spanien. Während der Wirren der Revolution von 1848 legte er seine Anwaltsprüfung ab. Fortan war er als Ad- vokat tätig, ging nebenbei aber auch seiner Leidenschaft als Naturforscher nach. Diese führte ihn auch nach Afrika. Vor allem Schmetterlinge hatten es ihm angetan, er besaß auch eine relevante Sammlung.
Auch politisch engagierte sich Cajetan Felder – bei den damals tonangebenden Li- beralen. Das Zensuswahlrecht begünstigte – neben dem Zeitgeist – liberale Politik und Politiker. Nur wer genügend Steuern zahlte, durfte wählen. 1868 wurde Cajetan Felder Wiener Bürgermeister. Mitten in der sogenannten „Gründerzeit“. Mit Kaiser Franz Joseph verstand er sich gut. Im Gegensatz zu Karl Lueger, der nach der liberalen Ära Bürgermeister von Wien werden sollte und dem sowohl Franz Joseph als auch Felder mit Abneigung begegneten.
Auch wenn seine liberale Mehrheit aufgrund diverser Abspaltungen immer wieder zu zerbröckeln drohte, war Cajetan Felder ein durchsetzungsstarker Bürgermeister. Zahlreiche Großprojekte – siehe oben – gingen auf seine Initiative zurück. „Der Hütte der Armen sowie dem Palast der Reichen sollen die Wohltaten dieses Wunderwerks zugutekommen“, erklärte Felder in Bezug auf die Hochquellwasserleitung. Wobei Felder bei Projekten wie der Hochquellwasserleitung und der Donauregulierung einen kongenialen Kompagnon hatte: den Geologen und Gemeinderat Eduard Suess.
1878 trat Cajetan Felder als Wiener Bürgermeister ab – kehrte aber später noch einmal an führender Stelle in die Politik zurück: als Landmarschall, als Landeshauptmann von Niederösterreich. Er starb 1894.