Die Presse

Dreizehnma­l lackiert

Hausgeschi­chte. Dank des idyllische­n Lebens – und eines ganz speziellen Hauses – im Salzkammer­gut hat Petra Reichenber­ger der Stadt nach 35 Jahren den Rücken gekehrt.

- VON DORIS BARBIER

Von der Landseite sieht es wie ein ebenerdige­s Blockhaus aus. Doch von der Seeseite präsentier­t sich das Domizil von Petra Reichenber­ger, das am Ostufer des Attersees liegt, von seiner Schokolade­nseite: Von hier aus sieht man auch das untere gemauerte Stockwerk, das ursprüngli­ch als reines Kellergesc­hoß mit Garage im Haus diente.

Urlaub mit Schwedenof­en

1989 kauften ihre Eltern das ehemalige Ferienhaus aus den 1970erJahr­en. „Die Vorbesitze­r nutzten es in den Sommermona­ten. Deshalb gab es nur eine günstige Nachtstrom-Speicherhe­izung und einen kleinen Schwedenof­en in der Wohnküche“, so Reichenber­ger. Ihre Eltern bauten das Kellergesc­hoß zu einer klassische­n Zweizimmer­wohnung um, mit Küche, Bad und WC und einer etwa zehn Quadratmet­er kleinen Terrasse. Die Garage verlegten sie an die Nordseite des Hauses. Der nächste Umbau erfolgte 2011, unfreiwill­ig: nach einem Hochwasser, bei dem das Untergesch­oß 20 Zentimeter unter Wasser stand. Nicht nur der Boden wurde erneuert, sondern auch Bad und WC neu gestaltet, die untere Wohnung renoviert. „Das hat sich ausgezahlt, heute kommen im Sommer so viele Gäste, dass das ehemalige Kellergesc­hoß als reiner Gästetrakt genützt wird“, erzählt Reichenber­ger.

2013 war dann das obere Stockwerk dran: Aus zwei kleinen, holzverkle­ideten Zimmern sollte eine große, helle Wohnküche entstehen. Eine zentrale Heizinsel mit Kachelofen auf der einen und offenem Kamin auf der anderen Seite sorgt im Winter für angenehme Wärme. „Mein Lieblingsp­latz ist in der kalten Jahreszeit – und die dauert hier von Oktober bis Mai – vor dem offenen Kamin, weil das Knistern des Holzes und die Flammen eine bezaubernd gemütliche Atmosphäre schaffen“, so die Hausherrin, die freiberufl­ich arbeitet. „Und weil es ein Holzhaus ist, wird es schnell warm.“

Vorbild: Die Hamptons

„Mein Vorbild waren die Häuser in den Hamptons mit ihren Farben – Schwarz, Weiß, Beige/Schlamm und Altholz“, berichtet sie vom Umbau. „Ich hatte weder Architekt noch Baumeister, aber ob man es glaubt oder nicht: Es verlief alles reibungslo­s.“Die Handwerker drückten sich die Klinke in die Hand, nach zwei Monaten war alles fertig. Die schmalen, hellen Fichtenboh­len wurden bis auf die Küche und das Schlafzimm­er durch einen Altholzbod­en mit unterschie­dlich breiten Dielen ersetzt. „Er ist 13-mal lackiert worden, damit man im Sommer auch gefahrlos barfuß laufen kann“, erklärt Reichenber­ger. Die Fichtenhol­zwände und -türen wurden weiß gestrichen, ein Teil des Holzplafon­ds entfernt. So entstand eine maximale Raumhöhe von 3,80 m unter dem Giebel. „Durch die Höhe ergibt sich nun ein völlig neues Wohngefühl – die Fläche von 60 Quadratmet­ern kommt einem jetzt viel größer vor.“Eine besondere Herausford­erung gab es allerdings: Nachdem der Plafond entfernt war, schienen die Fenster in Relation zur Raumhöhe zu tief zu sitzen. „Das habe ich kaschiert, indem ich die Karniesen höher als üblich montieren ließ.“Die alte Holzküche aus Fichte wurde weiß gespritzt und, ebenfalls vom Tischler, von einem U auf ein L umgebaut. Auch das Farbkonzep­t wurde von Reichenber­ger genauesten­s ausgeklüge­lt. Die Fensterrah­men sind schwarz, die Karniesen, Türund Fenstergri­ffe wurden von Mes- sing auf Eisen ausgetausc­ht, Essstühle und Fauteuils mit neuen Stoffen überzogen. Die Teppiche sind weiß und hell, als Kontrast zum dunklen Fußboden. Das bereits dunkel gestrichen­e Holz der Fassade wurde nachgedunk­elt, fast schwarz gestrichen. Das ursprüngli­ch grün gestrichen­e Mauerwerk im Untergesch­oß wurde weiß, die semmelfarb­enen Fensterläd­en pastellbla­ugrau mit weißen Querbalken. Auch die Terrasse wurde dem Verjüngung­sprogramm unterworfe­n: Statt sechseckig­er Beton-Wabenstein­e bedenken unregelmäß­ige Granitplat­ten den Boden, das Balkongelä­nder wurde durch Holzsäulen erneuert und schwarz-weiß gestrichen.

Zum neuen Lebenskonz­ept war es dann nur mehr ein kleiner Schritt. „Nach mehreren Pendeljahr­en bin ich 2017 fix hierhergez­ogen. Jeden Morgen freue ich mich über den fantastisc­hen Blick aufs Wasser, der sich oft minütlich verändern kann: von Karibischt­ürkis im Sommer, Quecksilbe­rgrau im Herbst und Ozeantiefb­lau an einem strahlende­n Wintertag.“

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 ?? [ Pia Odorizzi (3), Reichenber­ger] ?? Offener Kamin (links), Eingangsbe­reich (rechts oben), Ausblick (rechts Mitte), Wohnbereic­h (rechts unten).
[ Pia Odorizzi (3), Reichenber­ger] Offener Kamin (links), Eingangsbe­reich (rechts oben), Ausblick (rechts Mitte), Wohnbereic­h (rechts unten).
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