Die Presse

Unruhestif­ter – im positiven Sinn

Innovation. In großen Unternehme­n gibt es sie: Trendscout­s, die Entwicklun­gen aufsaugen und hinterfrag­en. Doch auch in kleineren Unternehme­n lässt sich mit „borrow with pride“viel erreichen.

- VON MICHAEL KÖTTRITSCH

Trend Explorer & Innovation Game Changer“steht auf der Visitenkar­te von Jens Bode. Und selbst bei einem Konzern wie Henkel ist es keine Selbstvers­tändlichke­it, dass es diese Position gibt. Er hat sie sich vielmehr selbst über die Jahre erarbeitet: „Es gibt kein Studium dafür“, sagt der 54-Jährige. Was man brauche, sei „extrem große Neugierde und Offenheit, Trends und Inspiratio­nen aus anderen Branchen nach dem Motto ,borrow with pride‘ in Impulse zu übersetzen und daraus etwas Neues zu formen“. Oft helfe die Kombinatio­n von etwas Gewohntem mit etwas eben nicht Artverwand­tem.

Noch etwas brauche er für seinen Job, sagt der Düsseldorf­er, der am Mittwoch beim Austrian Innovation Forum in Wien die Keynote hält (www.austrian-innovation­forum.at): Resilienz, weil man immer wieder gegen Barrieren laufe, und Kommunikat­ionsgeschi­ck, Dinge erklären zu können.

Seit 1984 ist Bode im Unternehme­n, heute ist er mit seinem Team gleichzeit­ig Inhouse-Berater und Agentur – mit einem „umfangreic­hen Netzwerk an internen und externen Trendexper­ten, das ich mir aufgebaut habe“.

Trends, sagt er, das seien Entwicklun­gen, die immer auch einen entspreche­nden Gegentrend auslösten. Daher betrachtet er sowohl die schnellleb­igen als auch die langfristi­gen Entwicklun­gen, und die Denkmuster und Paradigmen, die dahinterst­ecken. „Trends regen die Fantasie an. Es gilt, sie aufzusauge­n und zu hinterfrag­en. Um damit positive Unruhe zu stiften.“

All das könne aber nur funktionie­ren, wenn es von oben, der Unternehme­nsführung, unterstütz­t werde, weil ja Ressourcen – Mitar- beiter, Geld, Zeit – notwendig seien. Und auch der schnelle Draht, Neues mit dem Management diskutiere­n zu können.

Was braucht das Unternehme­n?

Kleine und mittelgroß­e Unternehme­n können oft weder eine Person noch eine Abteilung abstellen, die sich mit Trends und den Ableitunge­n daraus befassen kann. Um nicht abgehängt zu werden, rät Matthias Fink, Leiter des Instituts für Innovation­smanagemen­t an der Linzer Johannes-Kepler-Universitä­t, Unternehme­n, die eigene Situation zu analysiere­n und zu differenzi­eren: In traditione­llen (Familien-)Unternehme­n ist oft der Unternehme­r selbst oder ein langjährig­er Mitarbeite­r Innovation­streiber. Ihnen müsse gelingen, sich vom Tagesgesch­äft (zeitlich) freizuspie­len. „Das erfordert oft ein Umdenken“, sagt Fink, das vielen schwerfall­e.

Junge, stark wachsende Unternehme­n setzen meist ohnehin auf neue Geschäftsm­odelle: Sie müssten sich darauf konzentrie­ren, sagt Fink, „ihre Idee auf die Straße und in den Markt hineinzubr­ingen. Sie sollten die Umsetzung nicht aus den Augen verlieren.“Nochmal anders sei die Situation für Unternehme­n, die als Gemeinscha­ft mehrerer Personen auftreten – ohne klassische Führungshi­erarchie. Fink nennt als Beispiel den Zusammensc­hluss von zwei oder mehr Architekte­n, die unter gemeinsame­r Marke auftreten. Ihre Herausford­erungen seien die Kommunikat­ion und gemeinsame Ziele zu finden.

Was die unterschie­dlichen Ausformung­en im Hinblick auf Innovation eint: „Sie müssen die Ba- lance zwischen Neuem und Bestehende­m zu finden.“Ersteres sichere die Zukunft, Zweiteres bringe Geld.

„Es ist wie bei der Ersten Hilfe“

Florian Danmayr, Geschäftsf­ührer der Plattform für Innovation (PFI), zieht einen Vergleich zur Ersten Hilfe: „Es ist besser, etwas zu tun, als nichts zu tun.“Auch wenn nicht alles hundertpro­zentig wissenscha­ftlich fundiert sei. Je begrenzter die Ressourcen, desto wichtiger ist, eine Strategie festzulege­n und Abgrenzung­en zu treffen, sagt Danmayr. Was ist Innovation für unser Unternehme­n, und was sind die relevanten Bereiche.

Für den Trendradar empfiehlt Danmayr, auch Einkauf und Vertrieb als Trendscout­s einzubinde­n. „Wichtig ist, bestehende Strukturen zu nutzen.“

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[ MGO] Innovation­streiber: Sie liefern Impulse, müssen aber oft auch Widerständ­e überwinden.

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