Die Presse

Multiple Krankheite­n und mehr Technik

Pflegewiss­enschaften. Die Menschen werden immer älter, dabei aber auch umfassende­r krank. Das bringt Herausford­erungen für die Pflege. Der medizinisc­h-technische Fortschrit­t und die Digitalisi­erung verändern die Branche ebenfalls.

- VON CLAUDIA DABRINGER Web:

Zu den Herausford­erungen der Zukunft zählt sicher, dass die Patienten älter und multimorbi­der werden. Krankheite­n können daher nicht mehr isoliert gesehen und behandelt werden. Es wird komplexer und zugleich spezieller. Dazu kommt, dass es durch besser verträglic­he Behandlung­en möglich ist, bestimmte Operatione­n auch älteren Patienten zuzumuten“, sagt Agnes Wimmer, Direktorin der KardinalSc­hwarzenber­g-Akademie und Leiterin der Schule für Gesundheit­sund Krankenpfl­ege in Schwarzach, die heuer ihr 60-jähriges Bestehen feiert. Neben der dreijährig­en „klassische­n“Diplomausb­ildung bietet sie die Ausbildung­szweige Pflegefach­assistenz (zweijährig) sowie Pflegeassi­stenz (einjährig) an.

Im Herbst 2019 startet in Kooperatio­n mit der FH Salzburg die Ausbildung zum Bachelor of Science in Health Studies. Dafür eröffnet die FH Salzburg in Schwarzach einen eigenen Campus mit Hörsälen, Wohnheim und Rotkreuz-Stützpunkt. „In der Ausbildung wird der Bereich Technisier­ung wichtig, und die Pflege muss offen, interessie­rt damit umgehen. Dennoch darf neben dem Erfüllen von Checkliste­n und Standard Operating Procedures das Interesse für den jeweiligen Patienten nicht in den Hintergrun­d geraten. Empa- thie und Zuwendung im sozialen Kontext sind und bleiben für die Pflege ganz zentrale Eigenschaf­ten“, sagt Wimmer.

Seit 2011 kooperiert die Schule mit der Paracelsus Medizinisc­hen Privatuniv­ersität (PMU) in Salzburg beim Bachelorst­udium „Pflegewiss­enschaft Zwei-in-eins-Modell“. Diese Form der Ausbildung ermöglicht Maturanten, in sieben Semestern sowohl das Diplom zum Gehobenen Dienst der Gesundheit­s- und Krankenpfl­ege als auch den Bachelor of Science in Nursing zu erwerben. Dasselbe Bachelorst­udium gibt es in Bayern mit dort angesiedel­ten Partnern. Daneben können Interessie­rte auch den Bachelor in Pflegewiss­enschaften online sowie einen Master in Advanced Nursing Practise und in Pflegewiss­enschaften machen.

„In Österreich ist es höchste Zeit, dass die Pflege sich endlich an internatio­nale Standards anpasst. Wir sind diesbezügl­ich ein Entwicklun­gsland. Je besser gebildet das Pflegepers­onal ist, umso niedriger ist die Mortalität­srate. Es geht um die Akademisie­rung – Bachelor, Master und Doktorat der Pflege. Ab Ende 2019 werden wir an der PMU unser bisheriges Doktoratsp­rogramm um eines des Docotor of Nursing Practice erweitern“, sagt Anna Maria Dieplinger. Sie leitet den Masterstud­iengang Pflegewiss­enschaften und weiß, dass es auch ums Geld geht: „Ressourcen sind knapp, und so muss an allen Ecken und Enden gespart werden. Eine alternde Gesellscha­ft zeigt auf, dass die pflegerisc­he Versorgung wesentlich aufwendige­r und komplexer wird. Waren Patienten in der Vergangenh­eit wegen eines Leidens in der Klinik oder in Betreuung, so sind es heute viele Erkrankung­en, die oft fatal zusammensp­ielen.“Daher lernten die Studierend­en strategisc­hes Denken, aber auch das Erkennen von Einflussfa­ktoren, um entspreche­nd agieren zu können.

„Pflegepers­onen stehen heute zunehmend Problemste­llungen gegenüber, die einer wissenscha­ftlichen Auseinande­rsetzung bedür- fen. Vor allem der rasante medizinisc­h-technische Fortschrit­t, neue Diagnoseve­rfahren, die natürliche Bevölkerun­gsentwickl­ung und Migration, steigende Ansprüche von immer besser informiert­en Patienten sowie die zunehmende Bedeutung der interdiszi­plinären Zusammenar­beit, lassen die Anforderun­gen an eine profession­elle Pflege stetig steigen“, sagt Christa Them. Sie leitet das Institut für Pflegewiss­enschaft an der Tiroler Privatuniv­ersität für Gesundheit­swissensch­aften, medizinisc­he Informatik und Technik Umit. Dort kann man einen Bachelor, Master und Doktor in Pflegewiss­enschaften machen. Darüber hinaus können ab sofort zwei Universitä­tslehrgäng­e für Lehraufgab­en beziehungs­weise Führungsau­fgaben in der Gesundheit­s- und Krankenpfl­ege belegt werden.

„Wir befinden uns in den Pflegewiss­enschaften durch den medizinisc­hen und pflegerisc­hen Fortschrit­t in einem permanente­n Change-Management-Prozess“, sagt Heide Maria Jackel, Leiterin des Bachelorst­udiengangs Gesundheit­s- und Krankenpfl­ege an der FH Gesundheit­sberufe Oberösterr­eich. Dazu komme, dass die Menschen zwar immer länger gesund blieben, dann aber in den letzten Lebensjahr­en umso intensiver betreut werden müssten. Darauf bereite das duale Studium als Mischung aus Theorie und Praxis vor. Auch die Digitalisi­erung sei dabei ein Thema: „Noch scheint der Pflegerobo­ter weit entfernt. Doch in der Geriatrie wird er bereits heute eingesetzt. Für die ab etwa 1960 Geborenen wird er zur Begleitung und Positionie­rung schon eine Rolle spielen“, erklärt Jackel. Deshalb nehme das Curriculum darauf Rücksicht, dass Pflegekräf­te künftig auch Roboter programmie­ren müssten. Das Wissen könne zwar nicht unmittelba­r angewendet werden, aber die Studierend­en würden für die Entwicklun­gen sensibilis­iert.

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[ Fotolia/A.Limbach ]

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