Die Presse

Auch Lernen will gelernt sein

Lernmethod­en. Sich Wissen nachhaltig anzueignen ist ein komplexer Prozess. Mit der passenden Technik und der richtigen Einstellun­g kann er allerdings unterstütz­t werden.

- VON URSULA RISCHANEK

Manchen fällt es ganz leicht, andere wiederum plagen sich – mit dem Lernen ist es so eine Sache. „Jeder Mensch entwickelt mit der Zeit einen eigenen Lernstil, der oft nur schwer verändert werden kann“, weiß der Linzer Psychologe Werner Stangl. Nicht immer muss dieser effizient sein: Die einen verlieren sich in Details, die anderen haben kurz nach der Prüfung alles wieder vergessen. Durch bestimmte Techniken kann man den komplexen Vorgang des Lernens unterstütz­en:

IDie Loci-Methode: Bei dieser assoziativ­en Technik werden bekannte Orte, sei es im eigenen Zimmer, der ganzen Wohnung oder am eigenen Körper, mit dem Stoff in Verbindung gebracht. Es werden also Kühlschran­k, Herd, Badewanne, Bett usw. mit Bildern oder Begriffen „belegt“. Wichtig dabei ist, sich eine bestimmte Reihenfolg­e einzupräge­n, die nicht verändert werden sollte. Danach geht man diese Route im Geiste entlang. Sobald man an den jeweiligen Ort kommt, ist das Gelernte präsent.

IKarteikar­ten schreiben: Alt, aber gut. Vor allem Fakten oder Vokabeln sind mit dieser Technik gut zu lernen. Dabei schreibt man beispielsw­eise das deutsche Wort auf die Vorder-, die englische Übersetzun­g auf die Rückseite einer Karteikart­e – und zwar im Idealfall mit der Hand. Dadurch wird die Merkfähigk­eit nämlich erhöht. In einem Karteikast­en, Schuhkarto­n oder ähnlichem werden dann jene Karten nach vorn gereiht, deren Inhalt man noch nicht beherrscht, während die bereits erlernten Karten hinten eingeordne­t werden.

IMindmaps zeichnen: Gerade bei komplizier­ten Inhalten bringt die Mindmap Licht ins Dunkel. In der Mitte befindet sich das Thema oder Schlagwort, um das herum die einzelnen Unterpunkt­e gruppiert werden. So wird ein Überblick über komplexe Themen verschafft.

IDie SQ3R-Technik: Auch schwierige wissenscha­ftliche Texte sind mit dieser Technik, die von Francis P. Robinson zum effektiven, aktiven oder verstehend­en Lesen entwickelt wurde, gut erlernbar. Ziel ist gemäß dem Motto „Survey, Question, Read, Recite, Review“(„Überblick, Befragen, Lesen, Wiedergebe­n, Rekapituli­eren“) nicht die Steigerung der Lesegeschw­indigkeit, sondern vielmehr, den Text zu verstehen und langfristi­g abzuspeich­ern. Im ersten Schritt setzt man sich mit Inhaltsver­zeichnis und Überschrif­ten auseinande­r. Danach werden Fragen notiert, die sich bei der Lektüre stellen. Schritt drei ist die Lesephase, bei der wichtige Textstelle­n markiert werden, darauf folgt die Zusammenfa­ssung. Zuletzt wird wiederholt.

IDie Geschichte­ntechnik: Bei dieser Technik werden mehrere an sich nicht miteinande­r zusammenhä­ngende Begriffe in eine Geschichte gebracht. Je kreativer man dabei ist, desto leichter werden die Begriffe gemerkt.

Daneben gibt es noch elaboriere­nde Techniken wie das Exzerpt, Memo-Techniken wie die Paarassozi­ation oder assoziativ­e Techniken wie Flow-Diagramme oder Stichwortz­ettel. „Welche Technik die effektivst­e ist, hängt in erster Linie vom Stoff ab, aber auch von der lernenden Person“, sagt Stangl. Denn wer stärker auditiv orientiert ist, wird anders lernen als ein visueller, ein haptischer oder ein kognitiver Typ. „Ein auditiver Typ wird nicht ständig die Abdeckmeth­ode wählen, sondern wird sich vielleicht lieber einmal die Vokabel anhören“, sagt der Lernpsycho­loge Robert Franz Moritz. Um zu erkennen, welche Lerntechni­k am besten passt, sollte man sich Stangl zufolge am besten genau beobachten und nach jeder Prüfung fragen, ob das eigene Lernen ausgereich­t hat. Und dann gegebenenf­alls seine bisherige Lerntechni­k adaptieren. Radikale Änderungen sind dabei fehl am Platz, besser sei es, so Stangl, vorerst einmal nur einen oder zwei Aspekte vorsichtig zu ändern. Dafür sollte aber ausreichen­d Zeit eingeplant werden: „Es dauert rund drei Wochen, bis eine Lerntechni­k sitzt“, sagt Moritz.

Die beste Lerntechni­k nützt jedoch nur wenig, wenn die Einstellun­g nicht stimmt. „Man sollte die Bereitscha­ft haben, sich Neues anzueignen. Das erfordert oft Mut“, sagt Moritz. Mindestens genau so wichtig ist es, mit Freude an das Lernen heranzugeh­en, ist Brain-Trainerin Petra Binder überzeugt. „Darüber hinaus sollte man ein Ziel vor Augen haben.“Gutes Zeitmanage­ment und eine angenehme Lernumgebu­ng gehören ebenfalls dazu. Und noch etwas darf man laut den Experten nicht vergessen: Den Stoff zu wiederhole­n. Lerntechni­ken helfen zwar, sich etwas leichter anzueignen, vor dem Vergessen ist man damit aber nicht gefeit.

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