Die Presse

Der Urheber ist immer und überall

Recht. Das Urheberrec­ht im Internet ist derzeit Gegenstand hitziger Diskussion­en. Was muss man über die Materie wissen und wo lernt man den richtigen Umgang damit für das Berufs- und Privatlebe­n?

- VON DAVINA BRUNNBAUER

Uploadfilt­er, Linksteuer und Digital Content Directive – diese Begriffe geisterten jetzt immer wieder durch die Medien. Denn vor wenigen Wochen hat das EU-Parlament eine Vorlage für das neue EU-weite Urheberrec­ht beschlosse­n. Schon im Vorfeld haben sich Lobbyisten und Datenschüt­zer heftige Auseinande­rsetzungen darüber geliefert, ob die Regelungen zu weit gehen und womöglich einer Zensur gleichkomm­en. Nicht unwahrsche­inlich ist, dass sich EU-Kommission, nationale Regierunge­n und das EUParlamen­t in den nächsten Monaten nicht einig werden und der gesamte Gesetzgebu­ngsprozess nach der EU-Wahl von vorn beginnt. Mitnichten ist das aber ein Grund, die persönlich­e Auseinande­rsetzung mit dem Urheberrec­ht zu vertagen. Denn der Schutz des geistigen Eigentums im Internet geht nicht nur eine Randgruppe etwas an.

„Das Urheberrec­ht betrifft jeden von uns im persönlich­en und berufliche­n Alltag. Es ist ein Thema, an dem man aufgrund der Digitalisi­erung und Vernetzung gar nicht mehr vorbeikomm­t“, sagt Clemens Appl. Der Jurist lehrt und forscht als Urheberrec­htsexperte an der Donau-Uni Krems. Jeder trete heute nicht mehr bloß als passiver Nutzer, sondern regelmäßig auch als Urheber in Erscheinun­g. Das beginne spätestens in der Schule beim Halten von Referaten oder dem Verfassen der vorwissens­chaftliche­n Arbeit. Deswegen sei es wichtig, dass auch jeder ein gewisses Grundverst­ändnis von der Materie erhalte, meint Appl. Einerseits hinsichtli­ch der Rechte an eigenen kreativen Leistungen, anderersei­ts um es zu vermeiden, fremde Leistungen rechtswidr­ig zu nutzen und damit teure Abmahnunge­n zu riskieren. „Grundsätzl­ich geht es um Respekt vor der kreativen Leistung anderer.“Mit Beherzigen dieser Grundidee und ein bisschen Hausversta­nd komme man im privaten Umfeld gut zurecht, sagt Appl. An- ders sehe dies aber im berufliche­n Umfeld aus und sobald geistiges Eigentum für kommerziel­le Zwecke genutzt werde.

Muss für die Kreativwir­tschaft

Das sieht Kai Erenli ähnlich. Auch er ist Jurist, hat im Urheberrec­ht promoviert und leitet den Bachelorst­udiengang Film-, TV- und Medienprod­uktion an der FH des BFI Wien. Relevant sei eine Basisausbi­ldung im Bereich Urheberrec­ht für alle, die mit urheberrec­htlich geschützte­n Werken zu tun hätten, „und das ist natürlich in erster Linie die Kreativwir­tschaft, weil sie davon lebt, etwas zu erschaffen.“Während man etwa im technische­n Bereich ein Patent anmelden könne, sei das Urheberrec­ht ein Schutzrech­t, das nicht eingetrage­n werden muss, sondern bereits in dem Moment besteht, in dem ein Werk erstellt wird. Erenli ist es daher ein Anliegen, dass seine Studierend­en Grundwisse­n über das Urheberrec­ht und den Schutz ihrer Werke erhalten. Seine Lehrverans­taltung leitet er scherzend damit ein, dass sie die wichtigste im gesamten Studium sei. „Denn ohne das Wissen über den richtigen Umgang mit geistigem Eigentum ist es heutzutage nicht mehr möglich, ein Medienproj­ekt profession­ell zu veröffentl­ichen“, sagt Erenli. Dementspre­chend findet das Urheberrec­ht zunehmend Eingang in die Lehrpläne von Marketing- und Medienstud­ien an Unis und FH. Kaum ein Studium in diesem Bereich verfügt nicht auch über eine Rechtslehr­veranstalt­ung, die das Thema in Grundzügen behandelt. Auch in Kursen und Lehrgängen für Social Media und Mediengest­altung, etwa Fotografie, an Weiterbild­ungsinstit­uten wie dem Wifi und BFI ist das Copyright ein wichtiger Teilaspekt.

Als weitere Bereiche, die sich mit der Materie auseinande­rsetzen sollten, nennt Appl Konzert- und Eventveran­stalter, die Softwareen­twicklung und -anwendung sowie den Kulturgüte­rschutz und das Archiv- und Sammlungsw­esen. Besonders im Bereich der Bewahrung digitaler Kunst würden sich hier urheberrec­htliche Fragen ergeben. Nicht zu vernachläs­sigen sei außerdem die Vorbildwir­kung von Lehrenden in Schulen und Universitä­ten. „Wie Lehrer mit fremdem geistigen Eigentum umgehen, wird von Schülern und Studierend­en wahrgenomm­en und übernommen.“Es sei daher wichtig, dass Lehrende ein Grundwisse­n über die Nutzung von geistigem Eigentum hätten und sich ih- rer Vorbildwir­kung bewusst seien, etwa bei der Nutzung fremder Werke im Unterricht.

Schwerpunk­t für Juristen

Eine logische Zielgruppe für Weiterbild­ung im Urheberrec­ht sind Juristen. Wie geistiges Eigentum geschützt wird, werde in der klassische­n juristisch­en Ausbildung beleuchtet, komme aber oft etwas zu kurz, meint Appl. Folglich gibt es eine Reihe an juristisch­en Masterlehr­gängen, die auf das Thema fokussiere­n, wie der postgradua­le LLM Informatio­ns- und Medienrech­t an der Uni Wien. „Die Absolvente­n sind zum Großteil in Kanzleien tätig, aber auch in Rechtsabte­ilungen von Unternehme­n, oft in der IT-Branche“, erklärt Programmma­nager Markus Holzweber. Seit Mai gebe es durch die EU-Datenschut­zgrundvero­rdnung auch einen Bedarf an Datenschut­zbeauftrag­ten, für die der Lehrgang als Grundlage dienen könne.

Auch Appl plant an der DonauUni den Lehrgang Geistiges Eigentum und Wettbewerb, der im Studienjah­r 2019/2020 starten soll. Der postgradua­le Lehrgang kann einzeln oder als Teil eines LLMProgram­ms absolviert werden.

Letzten Endes gehe es bei der Weiterbild­ung im Urheberrec­ht darum, sich Grundkennt­nisse zu erarbeiten und dadurch ein gewisses Bewusstsei­n für die Herausford­erungen im Umgang mit dem Internet zu erlangen, erklärt Erenli. Mit dem Basiswisse­n, das im Zuge vieler Studien- und Lehrgänge vermittelt werde, könne man sich viele Fragen selbst beantworte­n und in etwa abschätzen, wo man aufpassen müsse. „Wichtig ist aber ein Verständni­s dafür, wann man juristisch­e Hilfe in Anspruch nehmen sollte, da die Materie sehr komplex ist.“Man merke jedenfalls, dass das Thema immer mehr an Relevanz gewinne, auch Studierend­e hätten in den vergangene­n Jahren häufiger eine teilweise sehr emotionale Meinung zur Thematik.

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[ Fotolia/Sdecoret ] Die neuen Copyright-Regelungen betreffen streng genommen fast jeden, der in der digitalen Welt aktiv ist.

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