EU-Innenminister. Korps von 10.000 Beamten bis 2020 für Europas Außengrenze laut Diplomaten „unrealistisch“.
EU-Außengrenzen: Schnelle Verstärkung von Frontex steht vor dem Scheitern
Brüssel. 10.000 europäische Grenzschützer, die schon ab dem übernächsten Jahr jederzeit in jedem Unionsmitgliedstaat eingesetzt werden können, um im äußersten Notfall auch ohne Zustimmung der jeweiligen Regierung einen Ansturm an den Außengrenzen der EU einzudämmen: Diese Idee ist Kern der Überlegungen der Europäischen Kommission zur Migrations- und Asylpolitik, Präsident Jean-Claude Juncker erwähnte sie am 12. September in Straßburg in seiner programmatischen Rede zur Lage der Europäischen Union ausdrücklich.
Doch nur einen Monat später sind die Chancen für die Umsetzung dieses Vorhabens gering. „In dieser Größe mit diesem Zeitplan und diesen Befugnissen war das von Anfang an unrealistisch“, sagte ein mit der Sache befasster Diplomat eines EU-Mitgliedstaates am Montag im Gespräch mit internationalen Medien, darunter „Die Presse“. Es sei erstens nicht möglich, binnen weniger als zwei Jahren derart viele qualifizierte Beamte aus den Mitgliedstaaten anzufordern. Zweitens gingen die von der Kommission vorgeschlagenen Amtsbefugnisse dieser auf der bestehenden Grenzschutzagentur Frontex aufbauenden EU-Grenzpolizei vielen Regierungen zu weit. „Es gibt Bedenken über die Größe und die Befugnisse dieses ständigen Korps“, sagte eine andere EU-Diplomatin eines anderen Mitgliedstaates.
Chaos beim EU-Asylbüro
Das gelte übrigens auch für die von Juncker im gleichen Atemzug vorgeschlagene Aufwertung des Europäischen Unterstützungsbüros für Asylfragen (Easo) mit Sitz auf Malta zu einer vollwertigen EU-Asylbehörde. „Das ist hoch politisch. Die entscheidende Frage ist, ob man das System europäisiert und damit den Mitgliedstaaten jene Dinge abnimmt, die zu machen sie offenkundig nicht fähig sind“, sagte der Diplomat.
Doch gerade beim Asylbüro lagen die Dinge zuletzt im Argen. In seinem am Dienstag veröffentlichten Jahresbericht über die EU-Agenturen gab der Europäische Rechnungshof einzig dieser Agentur keinen positiven Prüfvermerk. „Die Prüfer legen das Augenmerk auf die kritische Personalsituation, die sich überverhältnismäßig verschlechtert hat und ein signifikantes Risiko für seinen Betrieb darstellt“, warnte der Rechnungshof. „Sie halten fest, dass die Zahlungen des Easo systematisch die Vorschriften verletzt haben, was unzureichende interne vor allem in Hinblick auf das Beschaffungswesen und die Einstellungsbestimmungen Kontrollen widerspiegelt.“Im Juni musste Easo-Direktor Jose´ Carreira seinen Hut nehmen, nachdem Beschwerden über seine laut den Betroffenen „psychologische Gewalt“darstellende Personalführung an die Öffentlichkeit gedrungen waren und parallel dazu das Anti-Betrugsbehörde Olaf eine Untersuchung eingeleitet hatte.
Die Kommission hält jedenfalls vor dem Innenministerrat am Freitag in Luxemburg an ihren Plänen für die Grenz- und Küstenwache sowie die Asylbehörde fest: „Das ist keine Idee, die wir von heute auf morgen entdeckt haben“, sagte Margaritis Schinas, Junckers Pressesprecher, am Dienstag. „Widerstand und Diskussion im Rat sind normal, wir sind nicht besorgt.“
Mobile Asylzentren in EU
Ebenfalls auf der Tagesordnung der Minister steht der Vorschlag der Kommission, die Richtlinie über die Bedingungen der Rückführung illegal aufhältiger Ausländer zu verschärfen. Inhaltlich dürfte es keine großen Streitpunkte geben. Allerdings möchten die Regierungen mehrere Zielstaaten irregulärer Migration die Frage der sogenannten kontrollierten Zentren an EU-Binnengrenzen damit verknüpfen. „Das wäre ein Weg, funktionierende EU-Asylverfahren zu schaffen“, sagte eine Diplomatin.
Das Weiterwandern von Migranten, die nicht in Italien oder Griechenland registriert wurden, könnte man durch mobile Einheiten von Asylexperten in den Griff bekommen: „Wir brauchen ein Signal, dass es sich nicht auszahlt, in jenen EU-Staat weiterzuwandern, in dem man gerne seinen Aufenthaltsstatus geregelt hätte.“Der Bau von Lagern oder ähnlichen fixen Einrichtungen wäre für solche fliegenden Asylkommissionen im Schengenraum nicht nötig, betonte sie: „Wir alle haben Gebäude, in denen wir Asylverfahren abwickeln.“
Widerstand und Diskussionen im Rat sind normal. Es liegt an den Ministern, das anzutreiben.“Margaritis Schinas Sprecher der Kommission