Die Presse

Vertrauen in die Politik ist gestiegen

Studie. Auch wenn die Mehrheit den Volksvertr­etern weiterhin misstraut, haben sich deren Werte verbessert. Grund dürfte der Kommunikat­ionsstil der neuen Regierung sein.

- VON PHILIPP AICHINGER

Nachdem das Vertrauen in die Politik von Jahr zu Jahr gesunken ist, gibt es nun eine Trendwende. Die Zahl jener Bürger, die Politikern wieder vertrauen können, ist signifikan­t gestiegen. Das zeigt eine OGM-Studie, für die im Auftrag der „Initiative Mehrheitsw­ahlrecht und Demokratie­reform“800 repräsenta­tiv ausgewählt­e Bürger online befragt wurden.

OGM-Meinungsfo­rscher Wolfgang Bachmayer führt die Trendwende auf den Kommunikat­ionsstil der neuen türkis-blauen Regierung zurück. „In den letzten Jahren haben die Medien den bisherigen Regierunge­n einen Hauptvorwu­rf entgegenge­bracht – nämlich Streit und Stillstand“, analysiert­e er. Nun sei Streit in der Regierung aber kaum noch ein Thema und deswegen erblicke die Bevölkerun­g auch keinen Stillstand mehr, erklärte Bachmayer.

So stieg der Anteil jener Personen, die der Politik sehr oder eher vertrauen gegenüber dem Vorjahr von zwölf auf 45 Prozent. Immer noch misstraut aber der Großteil der Österreich­er der Politik. Ähnliche Ergebnisse erhält man, wenn man das Vertrauen in die Politiker selbst abfragt. Auch hier stieg das Vertrauen („sehr“oder „eher“) deutlich von sieben auf 43 Prozent, das Misstrauen gegenüber den Volksvertr­etern überwiegt aber auch hier weiterhin.

Die Proponente­n der überpartei­lichen Initiative hatten auch mahnende Worte parat. Zwar sei die österreich­ische Demokratie stabil, aber es gebe europa- und weltweit „Erosionspr­ozesse, denen gegenüber man wachsam sein muss“, warnte Obmann Heinrich Neisser. Der frühere ÖVP–Politiker und Zweite Nationalra­tspräsiden­t kritisiert­e ausdrückli­ch den Umgang von Innenminis­ter Herbert Kickl (FPÖ) mit den Medien.

Es dürfe keine Verhältnis­se geben, wie sie US-Präsident Donald Trump pflegt, meinte Neisser, „Ich möchte keine Demokratie, wo es einen organisier­ten Kampf gegen die Medien gibt“. Denn „wer die Medien zum Adressaten seines Verfolgung­swahns oder zum Mittelpunk­t seiner Verschwöru­ngstheorie­n macht, der erweist der Demokratie keinen guten Dienst.“

Im Zusammenha­ng mit der aktuellen Debatte um die Volksbegeh­ren riet Neisser der Regierung, die geplante Reform vorzuziehe­n. Die Koalition will erst ab dem Jahr 2022 zulassen, dass Volksbegeh­ren ab 900.000 Unterschri­ften direkt in eine Volksabsti­mmung münden können.

Verfassung­sjurist Theo Öhlinger forderte weitere Staatsrefo­rmen. Die zuletzt von der Regierung präsentier­ten Pläne (der Bund soll alleine für Gerichtsbe­zirke, die Länder alleine für politische Bezirke zuständig werden), sei „nur eine Mini-Reform, die positiv ist, aber sie wird die Republik nicht mit einem großen Schub nach vorne bringen.“

Die „Initiative Mehrheitsw­ahlrecht und Demokratie­reform“legt alljährlic­h den Demokratie­befund vor. Zudem fordert sie, dass hundert der 183 Nationalra­tsabgeordn­eten direkt vom Volk gewählt werden.

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