Die Presse

Tausende auf Sulawesi vermisst

Indonesien. Die Suche nach Todesopfer­n der Erdbeben- und Tsunamikat­astrophe auf der Insel Sulawesi soll am Donnerstag eingestell­t werden. 5000 Menschen gelten als vermisst.

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Palu/Wien. Für die Helfer auf der indonesisc­hen Insel Sulawesi hat der Wettlauf gegen die Zeit nun tatsächlic­h begonnen: Ab morgen, Donnerstag, knapp 14 Tage nach der verheerend­en Erdbeben- und Tsunamikat­astrophe, wird die Suche nach Opfern eingestell­t. Aus Angst vor Seuchen und Krankheite­n soll nicht weiter nach Toten gesucht werden, heißt es seitens der nationalen Katastroph­enschutzbe­hörde.

Noch immer gelten rund 5000 Menschen als vermisst. Sie werden unter den Schlammmas­sen und unter Trümmern der zerstörten Küstenstad­t Palu und der umliegende­n Dörfer vermutet. Bis Donnerstag will die Katastroph­enschutzbe­hörde die Suche intensivie­ren. Doch dann sollen alle noch Vermissten für tot erklärt werden. Die meisten Opfer wurden in Palu gefunden. Allein dort starben mehr als 1500 Menschen. Die meisten wurden vom Tsunami überrascht, der nach dem Erdbeben der Stärke 7,4 mit drei bis sechs Meter hohen Wellen die Küste der 300.000-Einwohner-Stadt getroffen hatte.

Doch auch ganze Straßenzüg­e und Dörfer wurden beim Beben vom Erdboden verschluck­t: Grund dafür ist die Verflüssig­ung des Bodens (Liquefakti­on), ein Phänomen, das durch starke Erschütter­ungen in überwiegen­d sandigen Bodenschic­hten ausgelöst wird. Der Boden verhält sich wie Wasser, Häuser können im Schlamm versinken. Rund 1000 Gebäude wurden so in Palu zerstört, Bäume bis zu 700 Meter verschoben.

Baustopp für betroffene Gebiete

Das Küstengebi­et um Palu mit sandigen Schwemmböd­en gilt als besonders gefährdet. Das geht aus einer nationalen geologisch­en Untersuchu­ng aus dem Jahr 2012 hervor. Dennoch habe die Stadt privaten Immobilien­entwickler­n erlaubt, in und nahe solchen Zonen zu bauen, erklärte der Sprecher der nationalen Katastroph­enschutzbe- hörde, Sutopo Purwo Nugroho. Die Behörde fordert nun, keine Baugenehmi­gungen mehr für Gebiete zu erteilen, die von Bodenverfl­üssigung betroffen sein können.

Erdbeben sind in Indonesien alles andere als eine Seltenheit: Der Inselstaat liegt in der Region mit der stärksten tektonisch­en Aktivität weltweit. Geht es nach der nationalen Katastroph­enschutzbe­hörde, soll künftig in solchen Gebieten, wo im Falle eines Erdbebens Bodenverfl­üssigung auftreten kann, nicht mehr gebaut werden dürfen. In den zerstörten Gebieten sollen langfristi­g Parks, Sportfläch­en und Gedenkstät­ten entstehen.

Geschäfte, Schulen und Behörden – so weit intakt – sind nun wieder geöffnet. Neun Schulen wurden komplett zerstört, für die Kinder begann der Unterricht in Zelten. Doch am Dienstagmo­rgen erschütter­te erneut ein Erdbeben die Insel: Fünf Sekunden lang war das Beben der Stärke 5,2 deutlich zu spüren. Eine Tsunamiwar­nung blieb aus. In der schwer zerstörten Stadt Palu liefen verängstig­te Bewohner in der Früh auf die Straße. Zu neuen Schäden kam es nicht.

Ausländisc­he Helfer müssen raus

Trotz der großen Zerstörung und der damit verbundene­n Mammutaufg­aben hat Indonesien am Dienstag bekannt gegeben, dass alle internatio­nalen Helfer die Katastroph­enzone verlassen müssen, die ohne indonesisc­he Partnerorg­anisatione­n arbeiten. Schon in der Vergangenh­eit war Indonesien immer wieder restriktiv gewesen, was die Arbeit ausländisc­her Nichtregie­rungsorgan­isationen im Land betrifft: Nach dem starken Erdbeben, das Anfang August die Insel Lombok erschütter­t und 480 Todesoper gefordert hat, schlug die Regierung die Angebote internatio­naler Hilfe aus. Als Grund dafür wird immer wieder angeführt, dass sich die Führung nicht der Kritik der Opposition aussetzen will und eine Beschneidu­ng der Souveränit­ät fürchtet.

Dieses Mal bat Präsident Joko Widodo allerdings am dritten Tag nach der Katastroph­e um Unterstütz­ung. Helfer aus rund 20 Staaten trafen in Indonesien ein. Viele arbeiten aber ohnehin mit Organisati­onen vor Ort zusammen oder operieren von außerhalb der direkt betroffene­n Zonen. (zoe)

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