Die Presse

Facebook ist nicht allein auf der Welt

Internet. In Russland und China dominieren lokale Anbieter den Social-Media-Markt.

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wien. Am Anfang war das Internet eine sehr lokale Angelegenh­eit. In den 1990er-Jahren suchten die Österreich­er nicht auf Yahoo oder gar Google, das es erst seit 1998 gibt – sondern beim längst verschwund­enen Austronaut. Als dann die sozialen Netze kamen, stieg die deutschspr­achige Welt zuerst bei StudiVZ ein – und wechselte erst spät auf Facebook.

Im Jahr 2018 ist von diesen Anfangstag­en nicht viel geblieben. Aber von einer „globalen Dominanz“der US-Netzwerke rund um Facebook und Twitter zu sprechen wäre auch verfehlt. Tatsächlic­h erleben wir eine Dreiteilun­g der Welt in Westen, Osten und den Spezialfal­l China.

Dort haben es westliche Firmen aufgrund ihrer Herkunft schwer. Chinesen und ihre Führung setzen lieber auf heimische Produkte – der Markt ist mit mehr als einer Milliarde Konsumente­n ja groß genug. Lange war QZone, das ab 2005 von Tencent entwickelt wurde, das größte soziale Netzwerk Chinas. Aber anders als im Westen ist der wahre Boom in Asien erst mit den Smartphone­s gekommen.

Und da hat WeChat binnen weniger Jahre QZone überholt – und sich von einer einfachen ChatApp zu einem Social-Media-Giganten entwickelt. Man kann es sich ein bisschen wie eine Kombinatio­n von WhatsApp, PayPal, Instagram und sogar Amazon vorstellen. Unternehme­n können in der App „Mini-Stores“öffnen und Produkte anbieten.

WeChat gilt als „Superapp“, die quasi das Betriebssy­stem ersetzt. Erst kürzlich hat Warren Buffetts Kompagnon Charlie Munger WeChats Zahlungsse­rvice als potenziell­e Konkurrenz für Visa und Mastercard identifizi­ert. Facebook hat seine potenziell­en Gegner durch die Akquisitio­nen von WhatsApp und Instragram aufgekauft. Allerdings ist es dennoch nicht gelungen, die User wie bei WeChat mit einer großen Fülle an Services zu versorgen.

Das russische Gegenstück zu Facebook und Tencent ist die Mail.Ru Group. Die betreibt die Portale VKontakte und Odnoklassn­iki. Beide sind im Raum der ehemaligen Sowjetunio­n besonders beliebt. VKontakte ist die meistbesuc­hte Seite in Russland und liegt internatio­nal auf Platz 17. Der Leistungsu­mfang und das Design von VK erinnern stark an Facebook. Allerdings nehmen es die Russen nicht sehr ernst mit westlichen Copyright-Gesetzen, weshalb die Netzwerke für die Verbreitun­g von illegalen Sport- und Filmstream­s und sogar Pornografi­e verwendet werden. (jil)

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