Frühpensionisten sterben früher
Studie. Vier Forscher untersuchten den Zusammenhang zwischen Frühpensionierungen im Zuge der österreichischen Stahlkrise und der Sterberate. Die Ergebnisse lassen aufhorchen.
Aus Spargründen kommt es immer wieder vor, dass ältere Mitarbeiter in Frühpension geschickt werden. Doch damit wird den Betroffenen nicht immer ein guter Dienst erwiesen. Denn eine Pensionierung kann bei manchen Menschen zu weniger körperlichen und geistigen Aktivitäten sowie einer Zunahme von ungesundem Verhalten führen.
Wissenschaftler von der Universität Zürich zeigen in einer nun veröffentlichten Studie, dass es einen Zusammenhang zwischen einem frühen Pensionsantritt und der Sterblichkeit gibt. Für die Erhebung wurde die Frühpensionierungswelle im Zusammenhang mit der österreichischen Stahlindustrie in den späten 1980er-Jahren unter die Lupe genommen.
Überkapazitäten und ein ruinöser Wettbewerb führten dazu, dass die Stahlindustrie weltweit in eine schwere Krise rutschte. In vielen Ländern wurde über Massenentlassungen diskutiert. Die österreichische Stahlindustrie befand sich damals in staatlicher Hand. Die Konzerne waren gezwungen, Kapazitäten zu reduzieren und Mitarbeiter abzubauen. Daher wurde in der Regierungszeit von Bundeskanzler Franz Vranitzky (SPÖ) und Vizekanzler Alois Mock (ÖVP) im Juni 1988 ein Frühpensionierungsprogramm vorgestellt.
Das Besondere an dem Programm war, dass es auf bestimmte Regionen, die von der Stahlkrise stark betroffen waren, beschränkt wurde. Dabei handelte es sich unter anderem um die Obersteiermark, den Großraum von Linz, das Mühlviertel (wo viele Voest-Mitarbeiter nach Linz pendelten) und Teile von Niederösterreich.
Um ältere Arbeiter in diesen Regionen vor ungünstigen Bedingungen auf dem Arbeitsmarkt zu schützen, sah das Programm vor, dass die Auszahlung des Arbeitslosengeldes um mehrere Jahre verlängert wurde. Danach konnten die betroffenen Menschen in die Pension wechseln. Dafür mussten die Arbeiter folgende Kriterien er- füllen: Sie mussten mindestens 50 Jahre alt sein, eine längere Arbeitsgeschichte vorweisen (sie mussten in den letzten 25 Jahren mindestens 15 Jahre lang gearbeitet haben) und mindestens sechs Monate in den ausgewählten Regionen gewohnt haben. Das Programm konnten Männer und Frauen in Anspruch nehmen.
Für die Erhebung griffen die Forscher auf die Daten der Sozialversicherungsträger zurück. Sie fanden heraus, dass ein früher Rückzug von der Arbeitswelt deutliche Auswirkungen auf die Sterb-
haben in einer nun publizierten Langzeitstudie die Frühpensionierungswelle im Zuge der österreichischen Stahlkrise in den späten 1980er-Jahren unter die Lupe genommen. Demnach gab es bei Männern, die früher in den Ruhestand gingen, ein signifikant höheres Sterblichkeitsrisiko. Bei Frauen gab es hingegen keine Auswirkungen. Sie konnten mit der Frühpensionierung wesentlich besser umgehen. lichkeit bei Männern, aber nicht bei Frauen hat. So erhöhte ein zusätzliches Jahr in Frühpension bei Männern das Risiko, vor dem 73. Lebensjahr zu sterben um 1,85 Prozentpunkte. Zudem reduzierte jedes zusätzliche Jahr in Frühpension bei Männern das Todesalter um 0,2 Jahre.
Interessant ist, dass in der Studie bei Frauen keine Auswirkungen festgestellt wurden. Die Forscher gehen davon aus, dass Frauen leichter mit wichtigen Lebensereignissen wie einer Frühpensionierung umgehen können und dass Frauen auch weniger stark am Verlust des sozialen Status leiden, der mit Arbeitslosigkeit einhergeht.
Bei der Studie ist außerdem zu berücksichtigen, dass es sich hier um sogenannte Blue Collar Workers handelt. Gemeint sind Industriearbeiter, die oft in körperlich anstrengenden Arbeitsfeldern tätig sind, was ebenfalls entsprechende Auswirkungen auf die Gesundheit und die Sterblichkeit haben kann.