Tempodribblings und Rettungstaten
ÖFB-Team. Hertha-Profi Valentino Lazaro gefällt sich in der Rolle des Bayern-Herausforderers, auch der Berliner Lifestyle hat es ihm angetan. Sein erster Auftritt in der Nations League weniger.
Irgendwie war es auch Valentino Lazaro, der den Bayern ein zünftiges Oktoberfest ruiniert hat. Als Hertha Berlin vor eineinhalb Wochen mit einem 2:0-Sieg die Münchner Krise so richtig aufbranden ließ, war der ÖFB-Legionär einer der Besten auf dem Platz. Nachdem der Ligakrösus vor 75.000 Zuschauern im ausverkauften Berliner Olympiastadion an die Wand gespielt worden war und er selbst einen Treffer vorbereitet hatte, erklärte Lazaro: „Das ist etwas Großartiges.“
Im steirischen Bad Waltersdorf, wo sich das österreichische Nationalteam dieser Tage auf die Nations-League-Partie am Freitag gegen Nordirland (20.45 Uhr, live ORF eins) vorbereitet, war es natürlich Thema, wie der 22-Jährige seine prominenten Gegenspieler Franck Ribery und David Alaba an diesem denkwürdigen Abend im Griff hatte. Dabei sieht sich Lazaro eigentlich lieber in einer offensiveren Rolle als in jener des Rechtsverteidigers, seiner Stammposition beim Tabellenfünften in Berlin. Dort aber hat er unter Coach Pal Dardai in der Viererkette noch keine Minute der laufenden Bundesligasaison verpasst. „Es ist kein Geheimnis, dass ich mich in der Offensive sehr wohlfühle. Aber ich komme auch als Rechtsverteidiger oft nach vorne, das will der Trainer auch“, erzählt Lazaro.
Teamchef Franco Foda sieht den Allrounder tatsächlich näher beim gegnerischen Tor. Bei Österreichs Auftaktniederlage in der Nations League gegen Bosnien (0:1) fand sich Lazaro anstelle von Alessandro Schöpf am rechten Flügel wieder. Er fiel vor allem durch Laufarbeit und eine Rettungstat in der Nachspielzeit auf, bei der er das 0:2 verhinderte. Nach vorne lieferte der Rechtsaußen allerdings nichts Zählbares, er wirkte übermotiviert, sein einziger Torschuss wäre als Zuspiel auf den besser positionierten Stefan Lainer weit besser aufgehoben gewesen. „Wir wollen eine Reaktion auf die Niederlage gegen Bosnien zeigen und gewinnen“, betont der 15fache Teamspieler mit Blick auf das Nordirland-Duell im Ernst-Happel-Stadion.
Groß geworden ist der Sohn einer Österreicherin mit griechischen Wurzeln und eines Angolaners beim GAK. In Salzburg, wo er schon mit 16 Jahren sein Bundesligadebüt gab, spielte er sich ins Rampenlicht, zwei Jahre später holte ihn Marcel Koller ins Natio- nalteam. Weil er wie viele ehemalige Salzburg-Profis auf Anhieb in der deutschen Bundesliga überzeugen konnte, gilt er auch als Nachweis für die Qualität der heimischen Liga.
Der Einstand in Berlin gelang auch deswegen so gut, weil Lazaro am Leben in der deutschen Hauptstadt schnell Gefallen fand. „Ich liebe den coolen Lifestyle, dass immer etwas los ist.“Als Hertha die vergangene Saison auf Rang zehn beendeten, haben ihn die Berliner Fans mit großen Vorsprung zu ihrem „Spieler der Saison“gewählt.
Obwohl Hertha für die laufende Spielzeit lediglich die Top Ten als Ziel ausgerufen hat, bescheinigt Lazaro seinem Klub durchaus Europacup-Niveau, Tabellenrang fünf (einen Platz vor den Bayern) sollte ihm dabei Recht geben. Auch weil die Berliner punktegleich mit dem Zweiten und nur drei Zähler hinter Spitzenreiter Dortmund auf dieser Position liegen. „Wir sind froh, oben zu stehen, haben aber noch genug Verbesserungspotenzial“, sagt Lazaro, der sich beim Traditionsklub als Führungsspieler etablieren will. „Ich arbeite daran, dass ich nicht nur mitschwimme, sondern vorangehen kann.“
Als angehender Wortführer weiß er auch jenen Abend einzuschätzen, als die Bayern in Berlin düpiert wurden. Der Sieg sei etwas Spezielles, die Probleme beim Rekordmeister und die dadurch entstandene Spannung in der Liga auch erfrischend, meint Lazaro. „Doch die Bayern haben so viel Qualität, dass sie schnell wieder nach oben kommen können.“(joe)