Die Presse

Ein Rom und seine Julia

Im Kino. Der österreich­ische Film „Zerschlag mein Herz“erzählt von Liebe unter Ausgegrenz­ten: intensiv und ungewöhnli­ch.

- VON ANDREY ARNOLD

Man müsse den Leuten immer in die Augen schauen, sagt der junge Rom Pepe zu seinem Lehrmädche­n, sonst geben sie nichts. Und den Becher ausleeren, wenn sich zu viel Kleingeld angesammel­t hat – mehr als ein paar Münzen sollten nie drin sein. Ein Kissen fürs Sitzfleisc­h, ein Starteuro fürs Glück, schon beginnt Marcelas Arbeitstag: „Biiite Herr, klein Spende, biiite.“

Viele kennen diesen Satz. Nur wenige die Menschen, die mit ihm zu Werke gehen. Allein die Tatsache, dass Alexandra Makarovas´ „Zerschlag mein Herz“zwei von ihnen zu Hauptfigur­en kürt, ist ungewöhnli­ch für einen österreich­ischen Film. Es ist nicht sein einziges Alleinstel­lungsmerkm­al: Auch die Art, wie er seine Geschichte erzählt, sticht aus der Masse heimischer Dramen heraus.

Statt tristen Grau strahlen hier satte Farben von der Leinwand. Statt kühler, analytisch­er Distanz setzt es große Gefühle. Pepe schuftet in Wien für seinen jähzornige­n ZuhälterOn­kel. Marcela kommt aus der Slowakei, um Schulden ihres Vaters abzuarbeit­en. Die beiden verlieben sich, und mit einem Schlag ist alles andere egal. „Star-crossed lovers“, wie es bei Shakespear­e heißt: vom Schicksal gebunden, von der Gesellscha­ft getrennt, auf Zweisamkei­t versessen.

Ihr Liebes- und Leidensweg ist ein Etappenlau­f. Als Gliederung dienen Kapitelein­blendungen im Art-Brut-Stil, wie bei jüngeren Filmen Lars von Triers. „Zerschlag mein Herz“erinnert eher an dessen „Goldherz“Trilogie aus träneninte­nsiven Melodramen – nur mit mehr Leichtigke­it im Blut. Eine Eigenschaf­t, die Makarovas´ Film dank seiner Laienhaupt­darsteller Roman Pokuta und Simona Kovacov´a´ selten verliert. Um die beiden zu finden, unternahme­n Marakova´ und ihr Partner, der Schauspiel­er Simon Schwarz, der hier erstmals als Produzent fungierte, aufwendige Castingrei­sen in die Slowakei. Die gefundenen Darsteller sind zwar dem Stoff nicht immer gewachsen, doch ihre natürliche Ausstrahlu­ng macht vieles wett.

Genau wie der überhöhte Stil – Zeitlupen, Traumseque­nzen, expressive Farbdramat­urgie – dabei hilft, manch eine holprige Plotwendun­g dieses schönen, tragischen Liebesmärc­hens nicht allzu sehr unter die Glaubwürdi­gkeitslupe zu nehmen. Dass in Wirklichke­it alles noch schlimmer ist, weiß man ohnehin. Umso beachtlich­er, wie „Zerschlag mein Herz“dieser Wirklichke­it etwas Poesie abringt.

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