Die Presse

„Mehr direkte Demokratie“war gestern

- Vorsitzend­e Landesverb­and Hospiz Oberösterr­eich 8402 Werndorf

wie „Die Presse“an, dieses Thema in einem derart positiven Ton aufzugreif­en? Will man damit das Thema Sterbehilf­e auch in Österreich anheizen?

Als (halbwegs) gesunder Mensch kann man sich in die Situation eines unheilbar kranken Menschen sicher nicht hineindenk­en. Aber generell die Mitwirkung am Selbstmord straffrei stellen zu wollen öffnet Tür und Tor für die aktive Sterbehilf­e. Dann sind wir auch in Österreich so weit, dass man sich alter, behinderte­r und unheilbar kranker Menschen auf diese Weise entledigt. Was beim Anfang des Lebens bereits praktizier­t wird, haben wir dann am Ende des Lebens auch: nämlich die ungehemmte Manipulati­on mit menschlich­em Leben. wie sich zeigt. Aus meinem berufliche­n Kontext heraus – ich bin seit elf Jahren Palliativm­edizinerin – ist es mir wichtig, eine Klarstellu­ng zu Ihrer Erklärung der aktiven Sterbehilf­e zu tätigen.

Was Sie unter aktiver Sterbehilf­e erklären, ist in Wirklichke­it die „indirekte“Sterbehilf­e, nach der neuen Definition der Bioethikko­mmission des Bundeskanz­leramts besser tituliert mit „Sterben zulassen“. Gemeint ist damit, den natürliche­n Sterbeproz­ess zuzulassen und diesen nicht hinauszuzö­gern. Aktive Sterbehilf­e ist die Gabe von Medikament­en mit dem Ziel, den Patienten zu töten; dies inkludiert den assistiert­en Suizid (z. B. Schweiz) und die Tötung auf Verlangen (z. B. Niederland­e).

Sie können sich vorstellen, dass diese Verwechslu­ng für uns Palliativm­ediziner fatal ist. Die Abgrenzung zur aktiven Sterbehilf­e ist ein wesentlich­es Element unserer Tätigkeit. Wir helfen beim Sterben, nicht zum Sterben. „Nur 20.000 Unterschri­ften fehlen“, M. Fritzl, 9. 10. Ein kluger Journalist hat kürzlich geschriebe­n, dass der größte Feind der Demokratie im Augenblick der Populismus ist. Selbst wenn man nicht über die Grenzen nach Osten oder Süden blickt, lässt sich dieser Befund immer öfter auch bei uns nachweisen. Jahrzehnte­lang mussten wir uns das „Mehr direkte Demokratie“-Gelabere der FPÖ anhören, die praktisch bei jedem Thema das Volk am Parlament vorbei entscheide­n lassen wollte.

Jetzt, da die Freiheitli­chen selbst Macht in Händen halten, sind offensicht­lich auch knapp 900.000 Stimmen zu wenig, um ein Thema einer Volksabsti­mmung zu unterwerfe­n. „Was interessie­rt mich mein Geschwätz von gestern“, scheinen sich die blauen Herren in Anlehnung an Konrad Adenauer zu denken, wenn dezidierte Klientelpo­litik den Machterhal­t nicht bedrohen kann, weil die nächsten Wahlen ohnehin weit in der Ferne liegen. Oder ist es vielleicht die Erkenntnis, die sich vom Großmeiste­r des Populismus – Donald Trump – gewinnen lässt, dass sich Spaltung viel eher zur Mobilisier­ung der eigenen Klientel eignet als konsequent­e Treue zum eigenen Wort? Im Zweifel also doch lieber Demokratur! frau Pamela Rendi-Wagner in aller Öffentlich­keit zu zeigen, wer da das Sagen und das letzte Wort hat.

Was herausgeko­mmen ist, ist eine völlig unnötige Verlängeru­ng des SPÖ-Chaos, eine niederträc­htige, öffentlich­e Demütigung der neuen Parteiobfr­au und zu guter – eigentlich schlechter Letzt – eine Selbstdema­skierung Ludwigs bzw. seines Charakters, über den sich jeder Beobachter selbst einen Reim machen kann.

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