Wenn im Oktober Frühling ist
Wetter. Das warme Wetter verlängert die Pollensaison. Der Trockenstress im Sommer führt in Niederösterreich teilweise zu blühenden Apfelbäumen, deren Ernte für nächstes Jahr damit verloren ist. Winteräpfel profitieren hingegen davon.
Derzeit herrschen Temperaturen über 20 Grad, selbst in der Nacht liegen sie im zweistelligen Bereich. Gegen Ende der Woche soll das Thermometer sogar wieder auf 25 Grad steigen. Frühlings-, ja vorsommerliches Wetter, das bringt auch die Flora und Fauna durcheinander.
Niederösterreichs Landesobstbauverband berichtet von blühenden Apfelbäumen, speziell im Pulkautal und Retz: Es handle sich um ein Phänomen, das „Gott sei Dank“nicht sehr oft vorkomme. Betroffen sind früh blühende Apfelsorten, die im Sommer unter der Trockenheit litten, dann das Laub abwarfen und nun nach einigen Regentagen sozusagen glauben, es herrscht wieder Frühling. Die Bäume treiben aus und blühen wieder.
Weil aber sicher noch Frost kommt, werden die Blüten zerstört. Im kommenden Jahr werden die Bäume keine Äpfel tragen.
Wien. Es ist mehr als ein schöner Herbst oder ein verspäteter Altweibersommer: Temperaturen über 20 Grad, und selbst in den Nächten bleiben diese im zweistelligen Bereich. Bis zu 25 Grad werden gegen Ende der Woche prognostiziert. Das ist nicht nur für den Menschen ungewöhnlich. Auch die Natur zeigt sich etwas verwirrt und reagiert mit blühenden Apfelbäumen und einem sehr aktiven Pollenflug. Fünf Fragen zu dem Minifrühling im Oktober.
1 Warum blühen jetzt, im Oktober, noch Apfelbäume? Oder schon?
Es ist ein seltsamer Anblick, wenn zwischen dürrem Gestrüpp und den letzten verschrumpelten Äpfeln sich die eine oder andere Blüte verirrt. „Wir haben blühende Apfelbäume beobachtet. Das ist ein Phänomen, das Gott sei Dank nicht sehr oft vorkommt, aber doch“, sagt Wolfgang Lukas vom Landesobstbauverband Niederösterreich. Speziell im Bereich Pulkautal und Retz seien die blühenden Apfelbäume, besonders in intensiven Erwerbsanlagen, zu beobachten. Dabei handelt es sich um sehr frühe Apfelsorten, die im Sommer unter der Trockenheit gelitten und darauf mit dem Abwerfen von Laub reagiert haben. „Dann gab es drei, vier massive Regentage, und es wurde noch einmal warm. Das führte dazu, dass die Bäume nicht nur austreiben, sondern auch blühen“, erklärt Lukas. Wenn man so will, glauben die Bäume, es sei schon Frühling. Bei anderen Obstarten oder auch in anderen Bundesländern hat die Landwirtschaftskammer das Phänomen derzeit nicht beobachtet.
2 Welche Auswirkung hat die frühe Blüte auf die Apfelbäume?
Ein kleiner Teil der Ernte für nächstes Jahr ist durch die Blüte im Oktober zerstört. Denn der nächste Frost kommt bestimmt, der die Blüte zerstören wird. Die Bäume können dann keine neuen Triebe mehr ausbilden. Für den einzelnen Obstbauern sei das zwar schlimm, für die österreichische Apfelernte fällt der Verlust aber kaum ins Gewicht.
Ein zu langer und warmer Herbst kann sich aber auch negativ auf die ganze Pflanze auswirken. Der Baum hat durch die Wärme keine Zeit, die Holzreife auszubauen. Das Holz ist also nicht auf den Winter vorbereitet und wird dann davon überrascht, ist also frostempfindlicher. „Dann sind sie schon bei minus zehn oder zwölf Grad gefährdet, während sie es sonst erst bei minus 18 Grad sind“, erklärt Obstbauexperte Lukas.
3 Ist der verlängerte Sommer nicht auch positiv für die Pflanzen?
Späte Apfelsorten, die sonst sehr lange brauchen und manchmal vom Frost erwischt werden, profitieren hingegen vom warmen Wet- ter. Winteräpfel, wie etwa die Sorte Braeburn, werden heuer genug Zeit haben, um auszureifen.
4 Gab es das Phänomen der Blüte im Herbst schon einmal?
Obstbauexperte Lukas erinnert sich, dass es vor acht oder zehn Jahren bei Marillen und Kirschen zu einer Blüte im Herbst kam, was auch zu Ernteverlusten im Folgejahr geführt hat. „Das ist also kein Jahrhundertereignis.“
5 Wie sieht es mit der Pollenbelastung für Allergiker aus?
Auch Allergiker spüren das warme Wetter durch die Pollenbelastung. Die Pollensaison klinge heuer besonders lange aus, erklärt Katharina Bastl vom Pollenwarndienst der Med-Uni Wien (der nur noch die Drei-Tage-Prognose aktiviert hat). Ragweed blühe normalerweise von August bis Ende September. Heuer hat er die Saison aber in den Oktober verlängert. „Die Hauptblüte ist überstanden, es kann aber lokal noch einzelne blühende Pflanzen geben“, sagt Bastl. Außerdem seien die Reaktionen von Allergikern sehr individuell. Während für den einen die Pollensaison schon beendet ist, hat die andere noch damit zu kämpfen.
Selbst Pflanzen, die bei uns nicht mehr blühen, können durch den Ferntransport aus Südosteuropa hierzulande zu spüren sein. „Pollen sind sehr robust und können mehrere Tausende Kilometer fliegen“, sagt Bastl.
Auch Gräser und Gänsefuß stellen jetzt noch eine Belastung für Allergiker da. „Normalerweise ist die Saison schon vorbei, aber es gibt noch einige spätblühende Gräser.“Hinzu kommen Kreuzreaktionen, die etwa bei Ragweed eine Rolle spielen. So kann der Genuss von Melonen, Bananen, Sonnenblumenkernen oder Gewürzen wie Anis, Oregano, Basilikum, Muskatnuss oder Paprika die Pollenbelastung verstärken. Und auch Pilzsporen, die Schimmelpilzallergiker beeinträchtigen, sind derzeit aktiv.
Was Allergikern helfen würde, wären ein paar Tage Regen und Abkühlung – allerdings nur kurz, wie Bastl meint: „Durch das sehr lange Ausklingen der Pollensaison wird das Fenster des Nichtleidens begrenzt.“Mitte Dezember blüht nämlich die Purpurerle.