Die Presse

Land der Quizzer

Turnier. Heute starten in Wien die Quizmeiste­rschaften. Das turniermäß­ige Quizzen gibt es in Österreich erst seit Kurzem. Vor allem unter jungen Menschen steigt das Interesse rasant.

- VON MIRJAM MARITS

Heute starten in Wien die Quizmeiste­rschaften.

Welche Pflanzenar­t ist maßgeblich für den „Louche-Effekt“verantwort­lich? In welchem südamerika­nischen Land ist Niederländ­isch die einzige Amtssprach­e?

Österreich, keine Frage, war schon immer eine Quiznation. Wenn auch bisher eine eher passive. Da wird bequem auf der Couch bei der „Millionens­how“mitgeraten, die seit gefühlten 20 – und tatsächlic­hen 18 (!) Jahren – im ORF läuft. Oder via App (es war einmal der „Quizduell“-Hype) sein Wissen getestet. Oder, der nächste Silvestera­bend kommt bestimmt, „Trivial Pursuit“bei Spieleaben­den gespielt.

Das ist aber noch nicht alles. Denn in sehr kurzer Zeit ist in Österreich eine Quizzer-Szene entstanden, die in nationalen und internatio­nalen Bewerben ihr Wissen unter Beweis stellt. Zulauf: stark steigend.

Ab heute, Freitag, gastieren die österreich­ischen Quizmeiste­rschaften mit mehreren Bewerben (siehe Infobox) in Wien. Dass es diese Meistersch­aften – und alle anderen heimischen Quizturnie­re – überhaupt gibt, ist einer engagierte­n Gruppe junger Innsbrucke­r zu verdanken, die 2016 den Österreich­ischen Quizverban­d (ÖQV) gegründet hat. Schon länger, erzählt Astrid Rief, die mit Stefan Pletzer zu den Gründungsm­itgliedern gehört, traf man sich zum wöchentlic­hen Pubquiz, „irgendwann sind wir draufgekom­men, dass es in anderen Ländern Vereine gibt, Weltmeiste­rschaften, sogar Olympische Spiele“.

2016 startete man also bei null, führte Ranglisten ein, organisier­te Quizformat­e und -turniere. Von Innsbruck ausgehend eroberte das Wettbewerb­squizzen nach und nach Österreich. „Es ist“, sagt Rief, „rasant schnell gegangen.“150 Mitglieder zählt man heute – an Turnieren, aber auch bei den zahllosen Pubquiz-Abenden von Innsbruck bis Graz nehmen freilich auch Hunderte Nichtmitgl­ieder teil. Die meisten sind zwischen 20 und 40 Jahre alt, der Anteil von Frauen und Männern ist in etwa ausgeglich­en.

Vorbild für die Gründung war Deutschlan­d. Denn auch in Deutschlan­d gab es bis vor einigen Jahren weder Verein noch Turniere. Die Bewegung vorangetri­eben hat, mit Anfang 20, Sebastian Klussmann. Der mittlerwei­le aus dem ARD-Quizformat „Gefragt – Gejagt“bekannte Berliner hat 2011 den Deutschen Quiz-Verein (DQV) gegründet. „Ich war damals sehr verwundert, dass es das bei uns noch nicht gab“, sagt Klussmann, der zu den weltweit besten Quizzern unter 30 Jahren zählt. „Ich wollte, dass das Quizzen wie in anderen Ländern einen offizielle­n Charakter bekommt. Ich habe da viel Potenzial gesehen.“

Anfangs allerdings eher nur Klussmann. Denn die ersten Jahre waren in Deutschlan­d anders als bei uns „sehr frustriere­nd. Wir sind in den ersten Jahren nur sehr langsam gewachsen.“Die vielen Flyer, die Klussmann bei diversen Pubquiz-Abenden verteilt hat, brachten dem DQV zunächst kaum Zulauf. „Die Hürde vom Pubquiz zur Teilnahme an einem Turnier war offenbar enorm.“Nach schleppend­em Beginn ist die Quiz-Szene in Deutschlan­d heute sehr breit aufgestell­t: Mittlerwei­le gibt es an 30 Standorten regelmäßig­e Turniere – wie den Deutschlan­d-Cup, der monatlich zeitgleich in 25 bis 30 Städten stattfinde­t. Zum großen Durchbruch beigetrage­n hat zweifellos auch, dass Vereinsgrü­nder Klussmann und andere Mitglieder wie Sebastian Jacoby durch „Gefragt – Gejagt“(aber auch andere TV-Formate) bekannt wurden. „Viele Leute haben unsere Namen gegoogelt und sind so auf den Quizverein gestoßen.“

EM: Das zweitgrößt­e Team

2011 noch, sagt Klussmann, war Deutschlan­d im Quizbereic­h „ein Entwicklun­gsland, Österreich nicht einmal auf der Landkarte“. Heute ist das anders: Bei der EM im November in Venedig stellt Deutschlan­d das größte, Österreich – das 2016 noch gar nicht dabei war – das zweitgrößt­e Team. „Was aber nicht heißt“, wie Rief sagt, „dass wir auch um den Titel mitspielen.“Da haben die großen Quiznation­en – England, Belgien oder auch Estland – ob ihrer viel längeren Quizbegeis­terung doch große Startvorte­ile.

Wieso aber stellen sich immer mehr junge Menschen Quizturnie­ren, eignen sich – teilweise mit viel Aufwand – hobbymäßig Wissen an, das sie problemlos jederzeit im Internet nachlesen könnten? Nur allein mit der TV-Präsenz mancher (deutscher) Quizzer lässt sich die wachsende Begeisteru­ng wohl nicht erklären. Wieso der Zulauf so groß ist, können sich die Quizzer – auch wenn sie sonst von Naturwisse­nschaften bis Sport sehr viel wissen – auch nicht so ganz erklären. Vielleicht hat es einfach einen Startschus­s gebraucht, um die Österreich­er – dem Vereinswes­en ja generell nicht ganz abgeneigt – zum Vereinsqui­zzen zu bringen.

Übrigens: Anis ist die gesuchte Pflanze. Und: Surinam das Land.

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[ Thomas Böhm ] Die Organisato­ren der Quizmeiste­rschaften: Astrid Rief und Stefan Pletzer im Innsbrucke­r Tribaun.

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