Überfällige Korrektur
Börsen. Zinsängste und Handelsstreit werden als Gründe für die jüngsten Kursrückgänge gesehen. Zuvor ist es in den USA monatelang nur nach oben gegangen. Europa schwächelt schon länger.
Warum es zu den Kursrückgängen in den USA kam.
Es ist wieder einmal so weit: Die Börsen befinden sich im Korrekturmodus. Am Mittwoch kam es weltweit zu heftigen Kursrückgängen. Die US-Indizes Dow Jones und S&P 500 fielen um mehr als drei Prozent, der technologielastige Nasdaq 100 gar um vier Prozent. Auch Europas Börsen schlossen im roten Bereich. Der Wiener ATX verlor mehr als zwei Prozent. Am Donnerstag setzte sich der Abwärtstrend zunächst fort, nachdem Asiens Börsen um bis zu fünf Prozent nachgegeben hatten. Erst als die US-Börsen ins Plus drehten, versuchten auch einige andere Indizes eine zaghafte Erholung.
1 Was sind die Ursachen für die jüngsten Kursrückgänge?
Marktteilnehmer führen einmal mehr die Angst vor steigenden Zinsen auf dem Kapitalmarkt und den Handelsstreit als Ursachen an. US-Präsident Donald Trump hat diesbezüglich Öl ins Feuer gegossen und den Ton gegenüber der US-Notenbank Fed verschärft. Diese hat heuer bereits dreimal die Leitzinsen angehoben; eine vierte Erhöhung gilt als wahrscheinlich. Die Fed sei „verrückt geworden“, meinte Trump. Es sei ein Fehler, die Zinsen so stark anzuheben. Zudem erneuerte er seine Kritik an China, dessen Währung zum Dollar seit Jahresbeginn um fünf Prozent abgewertet hat. Trump meint, China würde den Yuan künstlich drücken. IWF-Chefin Christine Lagarde warnte indes vor einem Handels- und Währungskrieg und appellierte an alle Länder, auf eine Deeskalation hinzuarbeiten.
2 Diese Probleme sind aber nicht neu. Warum geben die Kurse jetzt nach?
Zinsängste und Trump-Sager dürften höchstens der Auslöser gewesen sein für eine Korrektur an den Aktienmärkten, die nach den starken Kursanstiegen der vergangenen Monate überfällig geworden ist. Der Nasdaq 100 hat seit Jahres- beginn um ein Fünftel zugelegt, bevor er vergangene Woche zu korrigieren begann. Der breit gefasste S&P 500 hatte um zehn Prozent zugelegt. Europas Börsen schwächeln seit Monaten, wurden nun aber von der Wall Street mit nach unten gezogen.
3 Muss man damit rechnen, dass es weiter nach unten geht?
Das ist nicht unwahrscheinlich. Aktionäre, die zuletzt mit Technologieaktien viel Geld verdient haben, machen Kasse. Die Angst, dass man etwas versäumen könnte, wenn man jetzt keine Aktien von Amazon, Netflix & Co. hat, ist in den Hintergrund getreten. Das schmälert kurzfristig die Aussicht auf weitere Rekordflüge.
4 Bedeutet das jetzt das Ende des fast zehnjährigen Bullenmarkts?
Eher nicht. Mittelfristig dürften sich die Kurse noch einmal erho- len. Das legt auch die Zinsstrukturkurve in den USA nahe, die als wichtiger Vorlaufindikator gilt. Dabei handelt es sich um die Renditedifferenz zwischen zehnjährigen und zweijährigen Staatsanleihen. Dreht sie in den negativen Bereich, bedeutet das, dass eine Rezession und ein Bärenmarkt näherrücken. Sowohl das Platzen der DotcomBlase im Jahr 2000 als auch die Finanzkrise 2008/09 sind auf diese Weise vorangekündigt worden. Derzeit ist die Zinskurve aber noch im positiven Bereich.
5 Warum hat es Technologiewerte so schwer erwischt?
Wenn die Turbulenzen an den Börsen zunehmen, trennen sich die Anleger tendenziell von teuren Wachstumswerten und setzen auf Branchen mit stabilen Erträgen. Das ist etwa der Grund, warum Amazon und Netflix zuletzt besonders deutlich nachgegeben haben. Mit dreistelligen Kurs-Gewinn- Verhältnissen sind diese Papiere sehr teuer.
6 Soll man jetzt aus dem Aktienmarkt aussteigen?
Dafür ist es wahrscheinlich zu früh. Es dürfte sich um eine Korrektur wie im Februar handeln, als nach dem starken Jahresstart Gewinnmitnahmen einsetzten. Auch damals wurden Zinsängste als Grund gesehen. Mit solchen können die Märkte inzwischen umgehen. Doch gibt es andere Probleme, die eskalieren können, etwa Italiens Budgetprobleme.
7 Soll man die niedrigen Kurse zum Nachkauf bzw. Einstieg nützen?
Mutige können das tun, Eile ist aber keine geboten. Zahlreiche schwelende Krisen (so kämpft etwa auch die Türkei mit schweren Wirtschafts- und Währungsproblemen) werden auch in nächster Zeit für Turbulenzen sorgen.