Die Presse

„Das wird brutal werden“

BVT-U-Ausschuss. Die Leiterin des Extremismu­s-Referats sollte in die Pension gedrängt werden. Die Razzia bezeichnet sie als „Drohgebärd­e“.

- VON MARTIN FRITZL

In einer bemerkensw­erten Zeugenauss­age hat die BVT-Beamtin Sybille G. am Donnerstag der Führung des Innenminis­teriums den Versuch politische­r Säuberung und der Einschücht­erung des Bundesamts für Verfassung­sschutz vorgeworfe­n.

Die Zeugin

Sibylle G. ist im BVT die Leiterin des Extremismu­sreferats und hat somit seit dem Regierungs­wechsel und der Übernahme des Innenresso­rts durch FPÖ-Minister Herbert Kickl eine besonders heikle Position: Sie ist auch für die Überwachun­g der rechtsextr­emen Szene zuständig, die immer wieder Anknüpfung­spunkte mit der FPÖ aufweist. Etwas seltsam mutet ihre Involvieru­ng in die aktuelle BVTCausa an: Sie ist keine Beschuldig­te und hatte weder mit den Lansky-Mails (da gibt es den Vorwurf, dass sie widerrecht­lich nicht gelöscht wurden) noch mit den nordkorean­ischen Reisepässe­n etwas zu tun. Trotzdem sind bei der Hausdurchs­uchung hauptsächl­ich Daten aus ihrem Büro beschlagna­hmt worden. Die einzige Begründung dafür: Ein Zeuge hat vor der Staatsanwa­ltschaft ausgesagt, dass sie ein enges Verhältnis zu einem der Beschuldig­ten habe.

Die Einschücht­erung

Der erste Gedanke der Zeugin, als am 28. Februar Polizei-Einsatzkrä­fte das BVT stürmten: „Jetzt ist der Tag X, von dem in der Szene immer geredet wird. Wenn sie an die Macht kommen, dann hängen sie als Erstes die Staatspoli­zei auf, und als Nächstes kommt die Justiz dran.“Sybille G. betrachtet­e die Razzia jedenfalls als „Drohgebärd­e“und als „Muskelspie­l“. „Jemand wollte Aufsehen erregen.“Dazu gehöre auch, dass in ein Amtsgebäud­e ein Rammbock mitgenomme­n wurde, obwohl klar war, dass es einen zentralen Zugangssch­lüssel gibt.

Für das BVT sei die Hausdurchs­uchung in der Innenwirku­ng „eine Katastroph­e“gewesen, für die Zeugin hatte sie etliche negative Folgen: Ab da sei sie bei Dienstreis­en übergangen worden und plötzlich nicht mehr stellvertr­etende Abteilungs­leiterin gewesen. Und schließlic­h habe die Generaldir­ektorin für öffentlich­e Sicherheit, Michaela Kardeis, sie dazu gedrängt, sich pensionier­en zu lassen. „Die wollen dich loswerden“, „das wird ganz brutal werden“, habe Kardeis gesagt und als „sanftere Methode“die freiwillig­e Pensionier­ung vorgeschla­gen. Auch solle sie „Frontalang­riffe“auf Generalsek­retär Peter Goldgruber unterlasse­n. Sybille G. ging darauf aber nicht ein: „Ich bin eine Kämpferin.“

Im U-Ausschuss wurde versucht, Motive hinter den Einschücht­erungsvers­uchen herauszuar­beiten. Ein Erklärungs­strang: Die schon bekannte Anfrage des Ministerbü­ros über Ermittlung­en im Burschensc­haftsmilie­u. G. hatte die Antworten zu liefern – und in einem Punkt verweigert: Bei der Frage nach dem Einsatz verdeckter Ermittler. „Ich sorge mich wirklich um unsere Kollegen und ihre Familien“, so ihre Begründung.

Die zweite Erklärung: G. habe speziell bei einer Burschensc­haft ermittelt, nämlich bei der Vandalia. Und die hat prominente Mitglieder: FPÖ-Parteichef HeinzChris­tian Strache, Klubchef Johann Gudenus und Ex-EU-Abgeordnet­en Andreas Mölzer. Zu Mölzer gab es eine Sachverhal­tsdarstell­ung bei der Staatsanwa­ltschaft, zu anderen Fällen ist öffentlich nichts bekannt, sie wurden in einer vertraulic­hen Sitzung unter Ausschluss der Medien abgehandel­t. Der Abgeordnet­e Pilz will dazu aber Strache in den U-Ausschuss laden.

Internatio­nal isoliert

Auch Zeugin G. schilderte – wie schon einige vor ihr – Beispiele für die internatio­nale Isolierung des BVT nach der Razzia. So habe ein Kollege zu einer Tagung über die Identitäre Bewegung fahren sollen, sei aber zwei Stunden vor dem Abflug wieder ausgeladen worden. Und ein Mail, das offensicht­lich als Irrläufer im BVT gelandet ist, zeige die Ausgrenzun­g: Die Einladung zu einer Fachtagung sei an alle Partnerdie­nste gegangen – „except Austria“.

Verdacht erhärtet

Staatsanwä­ltin Ursula Schmuderma­yer, die am Donnerstag ihren bereits zweiten Auftritt im Untersuchu­ngsausschu­ss hatte, erklärte dort, dass aufgrund der Hausdurchs­uchungen der Verdacht teilweise erhärtet wurde. So habe man beim IT-Chef Daten des Rechtsanwa­lts Gabriel Lansky gefunden, die eigentlich hätten gelöscht werden müssen. Und der Leiter des Nachrichte­ndienstes habe zu Hause eine Excel-Liste mit Daten aus 5000 Altakten gehabt. Außerdem habe es auf einem Handy „Zufallsfun­de“gegeben, konkret Bilder, die unter das Verbotsges­etz fallen. Die Durchsuchu­ng des Büros bei G. erklärte Schmuderma­yer mit Zeugenauss­agen, wonach die Beamtin alle E-Mails aufhebe.

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[ APA ] Staatsanwä­ltin Ursula Schmuderma­yer (mit Anwalt) war gestern wieder geladen.

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