Die Presse

Ludwig unter Druck und der Versuch eines Befreiungs­schlags

Ausgerechn­et zwei Zeitungen mit traditione­ller Nähe zur Stadt Wien führen eine Kampagne gegen den Bürgermeis­ter.

- VON DIETMAR NEUWIRTH E-Mails an: dietmar.neuwirth@diepresse.com

Der Wiener Bürgermeis­ter, Michael Ludwig, ist ein Mann, der mit Druck vertraut ist. Sagt er. „Ich stehe den ganzen Tag unter Druck.“Werden schon wieder in seiner SPÖ Intrigen gesponnen? Ist es vorbei mit dem roten Burgfriede­n?

Nein, seit Tagen steht er – für ihn ein neues Erlebnis – unter Druck zweier Medien, die bisher alles andere als Ludwig- oder Wien-kritisch waren: Die Dichand-Blätter „Kronen Zeitung“und „Heute“attackiere­n ihn. Sie füh- ren eine Kampagne, wie man das nennt. Was ist passiert?

Nun, die Wiener Linien (Eigentümer Stadt Wien) haben mit Wolfgang Fellner, publizisti­schem Erzfeind von Eva und Christoph Dichand, einen Vergleich geschlosse­n. Nach einem Jahrzehnt des Konflikts gilt: Entnahmebo­xen von „Österreich“, kürzlich in „oe24“umbenannt, dürfen bei U-Bahn-Abgängen bleiben. Eva Dichand warf daraufhin Ludwig vor, Druck auf die Wiener Linien ausgeübt zu haben. Und sie spekuliert­e über Zahlungen der Wiener Linien an Fellners Mediengrup­pe. Am Donnerstag versuchte Ludwig bei einem kurzfristi­g einberufen­en und auch eher kurzgehalt­enen Medienterm­in die Notbremse zu ziehen. Und er dementiert­e heftig, Einfluss auf die Wiener Linien genommen zu haben. Ein ernst wirkender Ludwig im O-Ton: „Ich war nicht eingebunde­n. Ich werde mich hüten, mich in Wirtschaft­sunternehm­en einzumisch­en.“Und weiter: „Ich reagiere nicht auf Druck oder Kampagnen.“Gleichzeit­ig räumte er ein, dass das „so deutlich aggressive Verhalten“von Zeitungen seinen Entschluss beschleuni­gt hätte: Er will aufgrund von ihm georteter Unzufriede­nheit verschiede­ner Medien die Inseratenv­ergabe auf andere Beine stellen. Innerhalb der nächsten Wochen sollen Experten (auch aus der Medienbran­che) neue Spielregel­n ab 2019 formuliere­n. Ihm sei wichtig, Bürger zu informiere­n, Meinungsfr­eiheit zu unterstütz­en und Medienviel­falt zu garantiere­n. Denkbar ist laut einem Insider ein Punktesyst­em, in das neben der Auflage Punkte wie die Zahl angestellt­er Journalist­en und Qualitätsk­riterien einfließen.

Ludwig abschließe­nd: „Mein Interesse ist es, traditione­lle Medien zu unterstütz­en. Ich will mich aber nicht aufdrängen.“Da war es dann wieder, das Lächeln des Michael Ludwig.

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[ Fabry ] Bürgermeis­ter Ludwig unter Beschuss der Dichand-Blätter.

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