Die Presse

Die ehrgeizige Allrounder­in für Fortgeschr­ittene

Motorrad. Die BMW F 850 GS gefällt als sauber fortentwic­keltes Bike, das die Quadratur des Kreises versucht: eine Alternativ­e zu den großen Kalibern.

- VON MANFRED SEEH

Das ganz Aktuelle vorweg: Morgen, Samstag, 13. Oktober, ist Markteinfü­hrung – für zwei BMW-Modelle, die man als relativ schwere Kaliber bezeichnen darf. Die Rede ist von der vielseitig­en Neuen aus der GS-Reihe, nämlich der R 1250 GS. Und von dem elegant designten Reisetoure­r R 1250 RT. Der Boxermotor hat mehr Hubraum und Leistung bekommen.

Bleiben wir bei den GSModellen. Müssen es gleich die 1254 Kubikzenti­meter der Großen sein? Nein. Eine Travel-Enduro aus dem Hause BMW gibt es auch, sogar zwei Nummern kleiner. Das Attribut „klein“liest sich sowohl bei der F 750 GS als auch bei der F 850 GS irreführen­d. In Wahrheit sind auch diese beiden Bikes recht stattliche Exemplare.

Letztere schauen wir uns nun näher an. Zwei Fragen: Was kann sie? Und wo fährt man sie? Am bequemsten (und gar nicht einmal falsch) wären die Antworten: alles und überall.

Doch die größte Stärke der F 850 GS, nämlich ihr Multitaski­ng-Talent, ist vielleicht auch ihre Schwäche. Keine kann alles (gleich gut). Fürs Offroad-Fahren ist das 240-Kilo-Teil (vollgetank­t) sehr wohl tauglich, aber doch eher schwer. Vermutlich gibt es ohnehin kaum einen 850-GS-Piloten, der nicht hauptsächl­ich und viel lieber auf Asphalt unterwegs ist.

Und dort ist dieses Motorrad sehr souverän. Man sitzt – was die Erhabenhei­t unterstrei­cht – eher hoch, Sitzhöhe 860 Millimeter (von Haus aus, Änderungen sind möglich) – und mit dem Zweizylind­er-Motor, mit seinen 853 Kubikzenti­metern Hubraum, seinen 95 PS bei 8250 Umdrehunge­n (maximales Drehmoment: 92 Newtonmete­r bei 6250 Umdrehunge­n) lässt sich viel anfangen.

Der Abzug ist gut. Der Durchzug ist gut (mehr als 200 km/h sind drin). Das Fahrgefühl ist gut. Und auch anders. Vom legendären Vorgängerm­odell, der mehr fürs Gelände gemachten F 800 GS, ist wenig übrig. Die 850er ist runderneue­rt: Vier Fahrmodi, Stahlbrück­enrahmen, neue Telegabel. Irgendwie war das verkaufste­chnisch wohl nötig. Die Reise-Enduro-Konkurrenz (Honda, Ducati, Triumph, KTM) hat zuletzt ja auch nicht geschlafen.

Was auffällt, ist der Sound: Da kommt eher ein vornehmes Surren denn kerniges Wummern. Und: Ihr leicht komplizier­tes Design folgt ihrer Funktional­ität. Nicht umgekehrt. Dafür gibt es jede Menge Bordelektr­onik. Wer aufsteigt, schaut auf einen tausend Dinge könnenden Computermo­nitor, der Wind und Wetter trotzt, mit herkömmlic­hen Armaturen nichts mehr zu tun hat und über ein drehbares Bedienelem­ent am linken Lenkergrif­f betätigt wird. Zündschlüs­sel: war einmal – sofern der diesen ersetzende Transponde­r in die Nähe der Zündung kommt (Hosentasch­e genügt!), startet die Maschine auf Knopfdruck.

Alles in allem: Ein wohl nicht für Anfänger konstruier­tes Bike, das so ungemein vielseitig ist, dass man meinen könnte, es habe eine Geheimform­el entdeckt. Die der Quadratur des Kreises. Nein, so weit hat es die F 850 GS eben nicht gebracht. Aber sie ist ein ziemlich gutes Motorrad. Zu haben um, nein, ab 13.500 Euro. Denn es gibt zusätzlich die vielen Ausstattun­gspakete, für die BMW bekannt ist. Richtige Sparefrohs tummeln sich hier eh keine, auch bei der „Kleinen“nicht.

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