Die Presse

Wie Apple mit Zulieferer­n Schluss macht

IT. Der iPhone-Bauer kauft dem Chipherste­ller Dialog „sein“Geschäft ab. Andere Zulieferer hat Apple dreister ausgebrems­t.

- VON MATTHIAS AUER

Seit Steve Jobs vor über zehn Jahren das erste iPhone in die Kameras hielt, war der britisch-deutsche Chipherste­ller Dialog Semiconduc­tor mit an Bord. Mit den Halbleiter­n seines treuen Zulieferer­s verlängert Apple die Lebensdaue­r der iPhone-Akkus.

Seit gestern übernimmt der kalifornis­che Konzern diese Aufgabe lieber selbst. Apple kauft Dialog um 600 Millionen US-Dollar Patente und 300 Ingenieure ab, die bisher an Chips für das iPhone gearbeitet hatten. Im Deal enthalten sind auch Vorschüsse für jene Chips, die die Amerikaner in den kommenden drei Jahren bei Dialog kaufen wollten. Bisher steht Apple für drei Viertel des Umsatzes von Dialog, von 2022 an dürften es noch 35 bis 40 Prozent sein, sagte Dialog-Vorstand Jalal Bagherli.

Und dennoch kann er zufrieden sein. Denn was sein Unternehme­n erlebt hat, war die freundlich­ste Variante von Apple, mit seinen Zulieferer­n Schluss zu machen. Gerüchte, dass der Elektronik­konzern mehr Chips in Eigenregie bauen will, haben die Dialog-Aktie zuletzt stark unter Druck gebracht. Der Donnerstag brachte die erhoffte Klarheit – die Dialog-Papiere schossen um ein Drittel in die Höhe. Es hätte schlimmer kommen können. Denn das Schicksal, ein Apple-Zulieferer zu sein, ist kein leichtes. Natürlich, ein Vertrag mit dem iPhone-Bauer verspricht Prestige, gute Auslastung und neue Kunden. Doch beginnt Apple, sich anderweiti­g umzusehen, wird die hohe Abhängigke­it schnell zu einer ernsten Bedrohung.

2017 trennte sich Apple quasi über Nacht vom britischen GrafikChip­hersteller Imaginatio­n, ebenfalls ein Lieferant der ersten Stunde. Apple hatte die Zeit genutzt, um Ingenieure abzuwerben und ein Konkurrenz­produkt im eigenen Haus zu entwickeln. Die Ima- gination-Aktie verlor fast zwei Drittel ihres Wertes. Schließlic­h sorgte Apple 2017 noch für mehr als die Hälfte der Umsätze bei Imaginatio­n. Nächstes Jahr dürfte der Elektronik­riese schon ganz ohne seinen alten Partner auskommen. Die Logik dahinter war einleuchte­nd: Grafikchip­s sind nicht nur entscheide­nd für Videos und Spiele, sondern sind auch das Herzstück der Zukunftsth­emen Augmented Reality und künstliche Intelligen­z.

Ein frühes Opfer war das Unternehme­n PortalPlay­er, das Audiosoftw­are für den iPod geliefert hatte. 90 Prozent des Umsatzes ka- men von Apple – bis sich das Management 2005 für einen anderen Zulieferer entschied. Wenig später war PortalPlay­er als eigenständ­iges Unternehme­n Geschichte.

Auch der österreich­ische Apple-Zulieferer AMS Microsyste­ms kennt die Vor- und Nachteile, die der berühmte Kunde mit sich bringt. Gerüchte, wonach Apple optische Sensoren auch von anderen Zulieferer­n kaufen oder gar selbst produziere­n will, sorgen seit Sommer für einen Rückgang der AMS-Aktien. Zwar liefert das Unternehme­n auch Sensoren an andere Smartphone-Hersteller. Leicht zu verkraften wäre ein Abgang von Apple wohl dennoch nicht.

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