„Dem Damentennis fehlen bekannte Gesichter“
Tennis. Peter-Michael Reichel, Veranstalter des Upper Austria Ladies Linz, spricht über Höhen und Tiefen des Geschäfts sowie Problemfelder der WTA-Tour. Den Lask sieht der ehemalige Vereinspräsident nur noch vor Gericht.
Das Damentennisturnier in Linz hat schon bessere Zeiten erlebt. Serena und Venus Williams, Maria Scharapowa, Justine Henin, Ana Ivanovic´ – sie alle waren schon einmal hier, haben die Stadt und das Event für eine Woche in ein spezielles Licht gerückt, verstanden es, Spitzensport und Glamour perfekt zu verbinden. Mit dem Ausstieg von Hauptsponsor Generali vor zwei Jahren stand das Turnier vor der Zerreißprobe und erlebte 2017 seinen Tiefpunkt, als die Nummern eins, zwei, drei und vier der Setzliste allesamt kurzfristig absagten. Ein Nackenschlag der besonderen Sorte.
In dieser Woche erlebt das Upper Austria Ladies Linz, wie das vom Land Oberösterreich unterstützte Turnier seit dem Vorjahr offiziell heißt, einen spürbaren Aufschwung. Mit Julia Görges (scheiterte in Runde eins) und Kiki Bertens konnten zwei Top-Ten-Spielerinnen verpflichtet werden; eine beachtliche Errungenschaft für ein Turnier dieser Kategorie, das nicht allzu lang vorausplanen will beziehungsweise kann. 2019 werde in Linz auf jeden Fall wieder aufgeschlagen, versichert Veranstalter Peter-Michael Reichel im Gespräch mit der „Presse“. Darüber hinaus, so Reichel, wäre es unseriös, Prognosen abzugeben, „aber ich bin optimistisch, dass wir 2020 unser 30-Jahr-Jubiläum feiern können“. Dass Österreich mittlerweile über keine Spitzenspielerin mehr verfügt, spielt dem einzigen heimischen WTA-Turnier im Kalender naturgemäß nicht in die Karten.
So bleiben viele potenzielle Sponsoren aus, Fans sind schwieriger für das Produkt Damentennis zu begeistern. „Es wird übers Jahr gesehen viel weniger über Damentennis berichtet und gesprochen, als das noch in der Vergangenheit der Fall war“, weiß auch Reichel. Die gewaltige rot-weiß-rote Tennisbegeisterung zeigt sich traditionell zwei Wochen später im Rahmen der Erste Bank Open in der Wiener Stadthalle. In den Neunzigerjahren gab es die Überlegung, die Turniere in Wien und Linz in der Bundeshauptstadt zusammenzuführen. „Wir wären das einzige Hallenturnier gewesen, bei dem Damen und Herren gespielt hätten – ein echtes Alleinstellungsmerkmal. Aber das wollte man in Wien damals nicht verstehen, und heute ist die Stadthalle ja eh voll.“
Reichel ist seit 2004 Mitglied im Board of Directors der WTA und damit einer von wenigen Österreichern, die im höchsten Entscheidungsgremium eines Sportweltverbands eine bedeutende Rolle spielen. In seiner Funktion als Repräsentant für Europa kennt der 66-Jährige Stärken und Schwächen der WTA. Wirtschaftlich sind Damentennis und die WTA-Tour „so erfolgreich wie nie zuvor“. Als konkretes Beispiel nennt der Oberösterreicher das WTA-Finale der acht besten Spielerinnen, das 2019 von Singapur nach Shenzhen übersiedelt. Den Chinesen war dieser Zehn-JahresDeal eine Milliarde Dollar wert. „Unglaublich, dass eine solche Summe aufgetrieben werden konnte. Aber das zeigt auch die Wertigkeit von Damentennis.“Was dem Damentennis fehlt, ist die Konstanz an der Spitze. „Es ist ein ständiger Wechsel, jede kann jede schlagen. Wir haben nicht diese Stabilität wie bei den Herren, es fehlt an bekannten Gesichtern.“
Weil Peter-Michael Reichel ein umtriebiger Geschäftsmann ist, veranstaltet er ab 2019 auch das ATP-Turnier in Hamburg. Er plant, das Stadion zu renovieren, liebäugelt mit einem Belagswechsel auf Hartplatz und hofft auf eine Startzusage von Dominic Thiem. Dem heimischen Fußball ist der ehemalige Lask-Präsident (2000 bis 2013) nur noch beiläufig verbunden. In einem Gerichtsverfahren wird entschieden, ob Reichel seine Ansprüche auf Transfers ehemaliger LaskSpieler wie Mateo Kovaciˇc´ (Chelsea) oder Kevin Wimmer (Hannover) geltend machen kann. Reichel: „Ich habe damals in die Beine dieser Spieler investiert. Der Lask hat Geld kassiert, und ich habe davon nichts gesehen. Es geht für mich um rund eine Million Euro.“