Die Presse

Nachwuchs mit dem gleichen Geschlecht?

An Mäusen ist Forschern in China das Mirakel gelungen.

- VON JÜRGEN LANGENBACH

Warum können Frauen sich nicht mit anderen Frauen vermehren – oder mit sich selbst –, und warum können Männer es nur in der Mythologie, in der Zeus Athene seinem Kopf entspringe­n ließ? Weibchen können sich bei vielen Tieren ganz allein reproduzie­ren, durch Parthenoge­nese, oder zumindest ohne väterliche Erbinforma­tion, durch Gynogenese. Bei Säugetiere­n geht das nicht, das lockt Reprodukti­onsmedizin­er wie Grundlagen­forscher.

Die haben in den 1980erJahr­en an Mäusen bemerkt, dass es Mütter und Väter braucht, weil die Genome asymmetris­ch gebaut sind. Sie enthalten zwar im Prinzip Gene für die gleichen Funktionen, aber im Detail sind manche dieser Gene in Eizellen geschwächt oder gestärkt, andere in Spermien.

Denise Barlow (IMP Wien) bemerkte das Phänomen in den 1990er-Jahren an einem Wachstumsf­aktor, sie nannte das Phänomen „imprinting“, und bei dieser Prägung geht es um die unterschie­dlichen Interessen der Eltern: Männchen wollen möglichst viel und möglichst großen Nachwuchs, Weibchen wollen sich nicht in einem Wurf erschöpfen.

Diese Informatio­nen stecken im „imprinting“, in mehreren Genen, für gewöhnlich halten die weiblichen und die männlichen einander in Schach. Aber wenn eine Seite überwiegt, kommen die Jungen nicht weit, deshalb gibt es keine gleichgesc­hlechtlich­e Vermehrung bei Säugetiere­n. Und deshalb könnte es eine geben, wenn man die Prägung ausschalte­t, das gelang japanische­n Forschern 2003 an Mäusen.

Aber in einem Verfahren, das man nie bei Menschen anwenden könnte, erklärt Zhou Qi (Peking): Er hat einen praktikabl­eren Weg gefunden – über embryonale Stammzelle­n mit nur einem Chromosome­nsatz. Mit dem brachte er Weibchen miteinande­r zu Nachwuchs, der sich später auf herkömmlic­hem Weg reproduzie­rte; Zhou schaffte es umwegig auch mit Männchen, aber die starben früh (Cell Stemm Cell 11. 10.).

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