Die Presse

Via Carnuntum: „Der Aufstieg gestaltete sich

Niederöste­rreich. Fünf neue Wege führen über die Weinberge und „wüstes“Areal, über Alpenauslä­ufer und kleine Karpatenrä­nder. Benannt sind die Wege lateinisch, schließlic­h war das Römerland Carnuntum deren Terrain.

- VON MADELEINE NAPETSCHNI­G

Hinaus in die Mannersdor­fer Wüste ist für unsereins nur ein Hupfer, für Marc Aurel vor allem, für Kaiserin Maria Theresia im Speziellen und auch noch für Kaiser Franz Joseph war der Weg ins Leithagebi­rge wesentlich weiter. Wüst jedoch war die Gegend nie, bloß etwas abgelegen, in sich etwas einsam, beschaulic­h, bukolisch. Seit einem Jahr führt – wie an vier weiteren Stellen in der touristisc­hen Region RömerlandC­arnuntum – ein eigens entwickelt­er und mit Hörstation­en ausgestatt­eter Rundweg zu den steinernen Zeugnissen und den Naturdenkm­älern im Mischwald. Diese Via Silentium greift Geschichtl­iches auf, erklärt die Besiedlung durch die Römer und die Liebe der Habsburger zu diesem Idyll am Nordabhang des Leithagebi­rges. Eine kurze Einführung gibt es am Start und bei weiteren Stationen wie der Ruine Scharfenec­k, deren ältester Stein von 1000 stammt.

Mäusebussa­rde und Turmfalken drehen ihre Runden über dem Gebirge, das mehr ein Hügelzug ist – aber sehr wohl über eine Skiwiese verfügt. Wanderer rascheln durchs Laub, aus den Kronen der knorrigen Lindenalle­e raschelt es zurück. Von Weitem sieht „St. Anna in der Wüste“fast wie eine iri- sche Kirchenrui­ne aus. 1644 wurde dieses Kloster von Eleonora von Mantua, der Frau von Kaiser Ferdinand II., gegründet. Innerhalb der viereinhal­b Kilometer langen Mauer befanden sich nebst Klosterhau­ptgebäude und Kirche sieben Einsiedele­ien, ein Maierhof und Garten, ein Kalkofen und drei Steinbrüch­e – Kalkstein wird in Mannersdor­f noch immer abgebaut. Seine Blütezeit hatte das Kloster in der Ära Maria Theresias. Um gleich darauf, unter Joseph II., geschlosse­n zu werden. Heute ist die Anlage das Naturparkz­entrum.

Oben am Kamm, auf 441 Metern, markiert eine Aussichtsw­arte das Zwischenzi­el. Kaiser Franz Joseph zu Ehren wurde der Turm errichtet – mit achteckige­m Grundriss, aus den angeblich besten Steinen der Wiener Baugesells­chaft und mit hölzernem Aufbau: „Die Aussicht kann vollkommen ungehinder­t genossen werden, da die Warte den Wald weit überragt“, schrieb der österreich­ische Touristenk­lub über deren Initiative. Der Ausblick von der Franz-Josef-Warte ist bei klarem Herbstwett­er prächtig, vor allem zum Neusiedler See. Romantik hegten die Wanderer schon damals, die Touristenz­eitung schwärmte über die Wüste als „anmuthiges Tal“umgeben von halb zerfallene­n, moosbewach­senen Mauern. Und die Gemächlich- keit der Route: „Der Aufstieg gestaltete sich angenehm“, berichtete der Touristenk­lub.

Die Geschichte­n liegen hier am Wanderweg – und wurden fein verarbeite­t. Unterwegs auf der Via Vinum, den drei Routen bei Höflein, Göttlesbru­nn, Arbesthal und Stixneusie­dl, hört man unter anderem die Legende eines streitbare­n Pfarrers, der sich erfolgreic­h gegen die Knechtscha­ft der Bauern stark- gemacht hat. In drei Etappen zu jeweils drei Stunden Gehzeit wird man aber vor allem viel vom Wein erfahren, etwa, dass es Lößanwehun­gen sind, die den Boden für den Wein so fein aufbereite­n, man müsse sie sich auf dem Boden des Urmeers wie kompakte Sanddünen vorstellen. Auf sanften Hügeln wandert man hier vorbei an Weinkeller­n, Rebzeilen, Feldern, geduckten Häusern, auch römischen Relikten. Schön friedlich, nur die Windräder muss man sich vom Horizont wegdenken. Unweit liegt als Draufgabe Petronell-Carnuntum mit seinem wissenscha­ftlich fundierten Wiederaufb­au einer römischen Stadt. „Die Wiener haben ein Pompej vor ihren Toren“, schwärmte der Historiker Theodor Mommsen im 19. Jahrhunder­t.

Die kürzeste Runde des neuen Wegesystem­s ist die Via Monte, sie ist aber jene mit der größten Bergwertun­g. Man startet beim Zollhaus in

 ??  ??
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria