Was ist bloß mit Corporate Germany los?
Korruption, Tricksereien, Betrug – langsam wird es systemgefährdend.
D ie Älteren unter uns werden sich noch erinnern: Deutsche Wirtschaft, das war einmal eine Art internationaler Benchmark für Qualität und Seriosität. Eine offenbar schon vor Längerem versunkene Welt.
Sieht man sich die vergangenen 15 Jahre an, dann bekommt man einen etwas anderen Eindruck. Eine kleine Auswahl: schwarze Kassen und Schmiergeld bei Siemens und MAN, Spitzelaffäre bei der Deutschen Telekom, Luxusreisen und Bordellbesuche auf Regimentskosten für VW-Betriebsräte, Milliarden-Strafzahlungen, weil die Deutsche Bank massiv in Marktmanipulationen und andere Finanzsauereien verwickelt war, massive Abgasbetrügereien, wieder bei VW. Und jetzt, so, wie es aussieht, auch noch Opel. Okay, letzteres Unternehmen hat ein französischer Konzern von einem amerikanischen erworben, aber die Marke ist halt doch sehr deutsch.
Kurzum: Die Creme der deutschen Wirtschaft steckt seit vielen Jahren in einem Strudel aus Korruption, Betrug und Kundenverar . . ., pardon, kreativem Umgang mit Prospektwahrheit. Was ist nur mit Corporate Germany los?
Immerhin sind das Unternehmen, die sich große Corporate Social Responsibility-Abteilungen halten und gemeinsam mit ihren Bilanzen schöne bunte CSRBroschüren veröffentlichen. Unternehmen, deren Manager bei Tagungen und Banketten gern salbungsvoll von Corporate Governance und der sozialen Verantwortung des Unternehmertums reden – und dann offenbar in ihre Büros zurückkehren, um die Entwicklung der nächsten Schummelsoftware in Auftrag zu geben. S chon klar: Im internationalen Geschäft geht es anders zu als in einem Mädchenpensionat. Da kann sich in manchen Weltgegenden, bei allem Respekt vor Governance, schon einmal die Frage stellen, ob man jetzt den zuständigen Minister schmiert oder auf den Auftrag verzichtet.
Aber dieser Sumpf, der da vor sich hin hin blubbert, ist systemgefährdend, weil er das Vertrauen in die Seriosität von großen Unternehmen untergräbt und die latent ohnehin vorhandene „Eh alles Gauner“-Attitüde in der Bevölkerung stärkt.
Vielleicht würde es helfen, Managementverantwortung endlich ernst zu nehmen und Topleute, die solcherart Vertrauen missbrauchen, wirklich zu sanktionieren, statt sie mit ein paar Millionen Abfertigung auf den Golfplatz zu schicken.