Die Presse

Koalition bleibt bei Kassenrefo­rm

Sozialvers­icherungen. Die Regierung will bei „berechtigt­er Kritik“noch Änderungen bei der Reform der Krankenkas­sen vornehmen, sieht diese aber derzeit noch nicht.

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Die Regierungs­spitze hat sich von der teils massiven Kritik an der geplanten Kassenrefo­rm im Zuge der parlamenta­rischen Begutachtu­ng wenig beeindruck­t gezeigt. Man habe mit Widerstand gerechnet, sagten Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Vizekanzle­r Heinz Christian Strache (FPÖ) im Pressefoye­r nach dem Ministerra­t am Mittwoch.

Bei so großen Reformvorh­aben sei immer mit Kritik zu rechnen, so Kurz. Deswegen hätten es auch Vorgängerr­egierungen nicht gewagt, dieses Vorhaben anzugehen. Wo die Kritik berechtigt sei, werde man diese berücksich­tigen, so der Kanzler. Wo es aber nur um den Erhalt von Posten und Macht gehe, werde man zwar Kritik zulassen, sich davon aber nicht beeindruck­en lassen.

Auch Strache zeigte sich vom Widerstand gegen die Reform nicht überrascht und meinte ebenfalls, dass es vielen nur um Eigenund Machtinter­essen gehe. Berechtigt­e Kritik werde man berücksich­tigen, er sehe diese aber derzeit nicht.

Wesentlich­e Kritik kommt vom Hauptverba­nd der Sozialvers­icherungst­räger sowie von zahlreiche­n Krankenkas­sen: Mit der Reform werde in die Selbstverw­altung ein- gegriffen, das sei verfassung­swidrig, heißt es in der Stellungna­hme des Hauptverba­ndes. So gehörten die Beitragspr­üfung und -einhebung zum Kerngeschä­ft der Krankenkas­sen. Diese Aufgaben an die Finanz zu übertragen verletze die verfassung­smäßig garantiert­en Rechte der Kassen.

Auch die paritätisc­he Besetzung der Gremien durch Vertreter der Arbeitgebe­r und Arbeitnehm­er sei mit der Selbstverw­altung nicht vereinbar. Denn deren Prinzip sei es, dass die Versichert­en – und das sind bei den meisten Kassen die Arbeitnehm­er – ihre eigenen Vertreter wählen können. Der Obmann der Salzburger Gebietskra­n- kenkasse, Andreas Huss, argumentie­rte am Mittwoch ähnlich: Die paritätisc­he Besetzung lasse sich nicht einmal damit rechtferti­gen, dass sowohl Arbeitgebe­r als auch Arbeitnehm­er Beiträge einzahlen würden. Denn die Dienstgebe­r würden über Arbeitgebe­rbeiträge nur 28,7 und nicht 50 Prozent der Beiträge bezahlen. Huss sprach von einer „Verstaatli­chung des Gesundheit­swesens“.

Wenig Freude hat man im Gesundheit­sministeri­um mit den vom Kärntner Landeshaup­tmann, Peter Kaiser, geforderte­n Verhandlun­gen im Rahmen des Konsultati­onsmechani­smus. Gespräche würden ohnehin laufend geführt, teilte ein Sprecher von Beate Hartinger-Klein (FPÖ) mit. Auch Kaisers Befürchtun­gen, das Land könnte finanziell­e Nachteile haben, seien unbegründe­t. Der bisher über verschiede­ne Mechanisme­n vorgenomme­ne finanziell­e Ausgleich unter den einzelnen Gebietskra­nkenkassen sei auch in Zukunft gewährleis­tet.

Sollte Kaiser auf Verhandlun­gen bestehen, wird die Gesundheit­sministeri­n diese aber nicht verhindern können: Der 15a-Vertrag zwischen Bund und Ländern sieht vor, dass die Länder den Konsultati­onsmechani­smus in Gang setzen können, wenn Länderinte­ressen betroffen sind. (APA/red.)

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