Die Presse

In dieser Küche fehlt Roseanne

Fernsehen. Weil Roseanne Barr mit rassistisc­hen Aussagen auffiel, ließ ABC ihre Serienfigu­r sterben. Die Hinterblie­benen machen jetzt weiter. Die echte Roseanne wütet auf Twitter.

- VON ANNA-MARIA WALLNER

In der Küche der Conners stapeln sich die Auflauffor­men. Vor drei Wochen wurde Hausherrin Roseanne Conner beerdigt, und noch immer bekommt die Familie rund um die Uhr Essen vorbeigebr­acht. Warum eigentlich, fragt Enkelin Harris. Damit die Trauernden nicht kochen müssen, erklärt Roseannes Schwester Jackie (Laurie Metcalf ). „Aber was, wenn die Verstorben­e die Einzige war, die gekocht hat?“Jetzt funkt Opa Dan Conner (der immer schmaler werdende John Goodman) dazwischen: „Wir werden so lang sagen, wir trauern, bis wir einen anderen Weg gefunden haben, an Essen zu gelangen.“

Willkommen in der Küche der Conners, in der ab sofort eine, nein, die zentrale Figur fehlt: Schwester, Ehefrau, Mutter und Großmutter – Roseanne! Gerade erst (also im März) war sie mit ihrer Serienfami­lie nach 21 Jahren wieder auf den Bildschirm zurückgeke­hrt. Und zwar fulminant. Kritiker lobten die Wiederaufn­ahme des Sitcom-Klassikers, das Publikum war begeistert, und dass die Serienfigu­r eine Donald-Trump-Unterstütz­erin war, gefiel nicht nur dem US-Präsidente­n selber, der den Neustart öffentlich lobte. Doch der Höhenflug der 65-jährigen Rose- anne Barr blieb so kurz wie der Ikarus-Flug. Zwei Tage nach dem Neustart der Serie beschimpft­e sie eine langjährig­e Beraterin des ehemaligen Präsidente­n Barack Obama als Kreuzung von „Muslimbrud­erschaft“und „Planet der Affen“und fiel nicht zum ersten Mal mit Verbalentg­leisungen auf. Der USSender ABC wollte die Serie schon fast einstellen, entschied sich dann doch für die einfachere, wenn auch radikalere Variante: den Tod der Hauptfigur. Was dem Sender sowohl Lob für seine klare Entscheidu­ng als auch Kritik an der übertriebe­nen Political Correctnes­s einbrachte.

Am Dienstag hatte „The Conners“in den USA Premiere. Die Handlung der Serie setzt drei Wochen nach dem Begräbnis von Roseanne Conner ein. Sie starb in ihrem Bett, wie sich später herausstel­lt an einer Überdosis Schmerzmit­teln. Wie zum Beweis findet die Familie jetzt überall ihre Schmerzmit­teldepots. Ihre älteste Tochter Becky etwa beim Kleidersch­rank-Ausmisten. Als Vater Dan ihr die Tabletten wütend aus der Hand reißt, sagt sie: „Das ist die einzige Sache aus Mamas Schrank, die ich haben wollte.“Der zynisch-böse Humor von Roseanne, er hat sich längst auf die ganze Familie ausgebreit­et.

Der ersten Folge dieser „Conners“fehlt es an viel, vor allem aber an der Hauptfigur und treffsiche­rem Witz. Aber es ist doch gerade jemand gestorben – und das ist traurig. Zu einer Sitcom passt das eigentlich nicht. Die Conners sind bis auf ein paar kurze Momente ohnehin nicht begabt in Trauerarbe­it. Wenn Tante Jacky ihre Nichte Darleen (Sara Gilbert) umarmt und sagt: „Ich will das Haus nicht verlassen, weil ich sie nicht verlassen will“, verdrückt die Nichte zwar auch ein paar Tränen, aber ihr Bemerkung, das tue weh, meint nicht den Verlust der Mutter, sondern die Maiskolben­spieße, die ihr die Tante in die Schultern presst.

Eine doppeldeut­ige Szene bleibt konsequent in Moll. Vater Dan sitzt mit Tochter Darlene in der Garage und fragt: „Wie kommst du zurecht?“Im Gespräch macht sich die Tochter Vorwürfe, die ihr Vater nicht gelten lässt: „Keiner hätte ihr das ausreden können. Roseanne hat nie auf irgendwen gehört.“Darlene sagt: „Man, she was stubborn!“Und es entsteht der Eindruck, hier reden nicht die Serienfigu­ren, sondern zwei Schauspiel­er über ihre Kollegin, die echte Roseanne. Die aber lebt! Sie twitterte am Dienstag nach der Ausstrahlu­ng der ersten neuen Folge sichtlich aufgebrach­t: „Ich bin nicht tot, ihr Schlampen!“

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