Ein Diener an der Lyrik
Konzerthaus. Ian Bostridge bewies bei Werken von Debussy, Ravel und Brahms viel Feingefühl für Sprache.
Ian Bostridge, britischer Tenor und studierter Philosoph, steht immer für besonders durchdachte Auseinandersetzung mit den dargebotenen Liedern. Eine ungewöhnliche Zusammenstellung brachte er am Dienstag im Mozartsaal: Ausschnitte aus Debussys „Fetesˆ galantes“und Ravels „Sheh´erazade“,´ dann Lieder von Brahms.
Sehr feinsinnig und bedächtig begann er, ganz Diener der Lyrik Verlaines, mit höchster Klarheit der Diktion und Zurücknahme der eigenen Persönlichkeit – und auch der Stimme, wenn dies geboten war. Er ziselierte fein, ließ der Melancholie den Vortritt, zeigte aber, wo es angebracht war, dass es ihm keinesfalls an Stimmvolumen fehlt, dass er auch waghalsige Sprünge perfekt beherrscht. Doch bei ihm ordnet sich alles der Lyrik unter.
Durch die starke Introvertiertheit hatte der erste Teil des Abends in Summe eine unterkühlte Atmosphäre. In Ravels „Sheh´erazade“´ erwies Bostridge sich als klarer Erzähler, der sich nur ab und zu einen schwärmerischen Ton er- laubt und das Volumen seiner Stimme immer wohl dosiert.
Anders im zweiten Teil: In Brahms „Der Gang zum Liebchen“und „Sommerfäden“wurde Bostridges Darbietung beschwingt, er agierte nun ausschweifend, sang auch ein „Minnelied“, in dem seine vollen Phrasierungen zur Geltung kamen. Obwohl auch die BrahmsLieder Seelenqualen und schwermütige Sehnsucht transportieren, hat man hier einen gelösteren, wenngleich nie naiven oder effekthascherischen, immer noch Nuancen auskostenden Bostridge erlebt, der Feingefühl für Sprache bewiesen hat. Nicht umsonst nannte er bei den drei Zugaben den Poeten zuerst: „Mondnacht“von Eichendorff/Schumann ließ schließlich doch noch ein Schwelgen zu.
Saskia Giorgini hat am Klavier, nachdem sie bei Debussy oft nur mit Akkorden hat Halt geben dürfen, bei Ravel schnelle Läufe gezeigt. Auch bei Brahms erweist sie sich nicht nur als sensible Begleiterin, sondern auch als eigenständige Künstlerin. (tst)