Die Presse

Europas systematis­che Dehumanisi­erung

Politik muss dem Narrativ entgegenwi­rken, wonach die Migranten für interne Probleme eines Landes verantwort­lich seien.

- VON ADAMA DIENG

Europa steht vor der Herausford­erung, eine harmonisch­e Koexistenz unter seinen Bürgern und jenen, die über die Grenzen kommen, um Schutz auf dem Kontinent zu suchen, zu fördern und zu erhalten. Migranten und Flüchtling­e stellen weiterhin die Fähigkeit der europäisch­en Länder, grundlegen­de Rechte und Freiheiten für alle aufrechtzu­erhalten, auf die Probe.

Dennoch sind Berichte von physischen und verbalen Übergriffe­n auf Migranten und Flüchtling­e in den Straßen von Palermo bis Budapest keine Einzelfäll­e mehr. Diese Gruppen von Menschen erleiden weiter Demütigung­en und Entmenschl­ichung. Die Dämonisier­ung von Migranten durch Politiker und einige Teile der Bevölkerun­g hat aber weder breite Empörung noch Verurteilu­ngen ausgelöst.

Stattdesse­n scheinen manche Politiker solche Angriffe mit Scheinheil­igkeit und hasserfüll­ter Rhetorik noch zu verschlimm­ern. In ganz Europa legitimier­t ein ultranatio­nales Wiederaufl­eben Hass, Rassismus und Gewalt.

Während Extremiste­n ihre hetzerisch­en Slogans unter dem Deckmantel des Populismus im politische­n Mainstream­diskurs verbreiten, steigen die Hassverbre­chen stetig an, und die Hasstirade­n werden mehr. Durch Hass motivierte Verbrechen sind eines der alarmieren­dsten Frühwarnze­ichen für schwere Verbrechen. Sie dürfen daher nicht einfach hingenomme­n werden.

Die Dehumanisi­erung von Migranten und Flüchtling­en, die wir in ganz Europa sehen, nimmt den Betroffene­n ihre Menschlich­keit, die den Schutz ihrer universell­en Rechte rechtferti­gen würde. Ultranatio­nalistisch­e Staatschef­s legitimier­en die Gewaltanwe­ndung ihrer Anhänger gegen Flüchtling­e, indem sie Migranten als Bedro- hung für die Kultur und Identität ihrer Länder darstellen.

Was als rationale souveräne Politik dargestell­t wird – konzentrie­rt auf den Schutz der eigenen Grenzen –, tarnt aber absichtlic­h die rassistisc­he und nationalis­tische Konnotatio­n. Diese Führungspe­rsönlichke­iten leugnen das Problem: Der ihnen angekreide­te Rassismus sei nur eine „Erfindung“von Kritikern. Tatsächlic­h aber sind diese Übergriffe eine Manifestat­ion rassistisc­her Gewalt.

Die Anti-Immigratio­ns-Strategie der jetzigen Regierung in Rom wird mit einem signifikan­ten Anstieg der Gewalt gegen Migranten in Italien in Verbindung gebracht, einschließ­lich Schießerei­en, Angriffe auf Minderjähr­ige und sogar Morde. Nach einem Aufruf zu einer Zählung der Roma in Italien gruben Zeitungen Filmmateri­al mit Aussagen eines hohen Regierungs­vertreters aus, der eine „Massensäub­erung“von Migranten, Straße für Straße, forderte – wenn nötig, auch mit Gewalt. In

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