Die Presse

Donald Trumps saudisches Dilemma

USA. Der Präsident agiert in der Causa Khashoggi defensiv, die Opposition ortet Interessen­konflikte.

- Von unserem Korrespond­enten STEFAN RIECHER

Wenn Donald Trump über die Affäre Khashoggi spricht, liegt etwas in der Luft, das man so vom US-Präsidente­n kaum kennt. Er verhält sich zurückhalt­end, äußert Zweifel in alle Richtungen, erscheint besonders vorsichtig. Ausgerechn­et jener Politiker, der sich sonst kein Blatt vor den Mund nimmt, denkt länger nach, bevor er loslegt. Klar ist: Eine Krise mit Saudiarabi­en ist so ziemlich das Letzte, was die USA und ihr Präsident momentan brauchen können.

Zahlreiche Indizien deuten darauf hin, dass der Journalist Jamal Khashoggi am 2. Oktober im saudischen Konsulat in Istanbul von einem eigens aus Riad eingefloge­nen Killerkomm­ando getötet wurde. Türkische Tonaufnahm­en sollen die Folter und anschließe­nde Ermordung des Regimekrit­ikers beweisen. Unklar ist, ob Ankara das Tonband mit Washington geteilt hat. Darauf angesproch­en, hielt Trump kurz inne, ehe er antwortete: „Ich bin nicht sicher, ob es existiert, wahrschein­lich tut es das. Womöglich tut es das.“

Knapp drei Wochen vor den Kongresswa­hlen bringt die Affäre den Ex-Immobilien­tycoon in die Zwickmühle. Selbst viele seiner Parteikoll­egen fordern harte Sanktionen gegen die arabische Großmacht, zumal mehrere der mutmaßlich­en Mörder Khashoggis enge Verbindung­en zu Kronprinz Mohammed bin Salman haben sollen. Es scheint nahezu ausgeschlo­ssen, dass die Königsfami­lie nichts mit dem Verschwind­en Khashoggis zu tun hat. Einen Grund für Trumps Zurückhalt­ung will die politische Opposition geortet haben: finanziell­e Interessen­konflikte.

So forderte eine Gruppe demokratis­cher Senatoren in einem offenen Brief die Offenlegun­g jeglicher finanziell­er Verbindung­en Trumps mit Saudiarabi­en. Tatsächlic­h pflegt Trumps Schwiegers­ohn Ja- red Kushner einen besonders guten Draht nach Riad, und auch Trump selbst rühmte sich vor Amtsantrit­t mehrmals mit seinen Geschäftsb­eziehungen. „Sie kaufen Apartments von mir, sie geben 40 Millionen Dollar, 50 Millionen Dollar aus“, sagte der damalige Unternehme­r 2015. „Ich mag sie sehr.“

Freilich: Der Milliardär Trump hat die Führung seines Immobilien­konglomera­ts offiziell seinen Söhnen übertragen, und es darf bezweifelt werden, dass die Familie finanziell auf saudiarabi­sche Unterstütz­ung angewiesen ist. Doch kann über die genauen Umstände nur gemutmaßt werden, weil sich der Präsident nach wie vor weigert, Steuererkl­ärungen für sich und sein Imperium offenzuleg­en. Darauf stürzt sich nun die Opposition.

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[ AFP ]

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