Die Presse

Einmal noch die Diva sein

Die Hofmusikka­pelle verabreich­te ein bescheiden­es Mischmasch.

- VON WALTER GÜRTELSCHM­IED

KULTUR Im Konzert mit den Symphonike­rn wurde das Dilemma von Kunstfigur Conchita deutlich.

„Wer vieles bringt, wird manchem etwas bringen“, schrieb bereits der weise Geheimrat. So ist vielleicht auch das verabreich­te Mischmasch in den Wochenendp­rogrammen der Hofmusikka­pelle Wien zu erklären. Die Verwirklic­hung der Programmte­ile fiel am Samstag im Musikverei­n bescheiden aus: Unerheblic­h bereits der Einstieg, Mozarts C-Dur-Symphonie, KV 338: Riccardo Muti, einst Mozart-kompetente­r Feuerkopf, ist im Alter auch milder und smarter geworden. Wozu auch über die Maßen probieren, wenn die Cr`eme de la Cr`eme der philharmon­ischen Streicher vor einem sitzt?

Dann Nicola Porpora, der bestenfall­s Historiker­n ein Begriff als wienerisch­er Italo-Barockmeis­ter ist. Die Aufführung seines „Salve Regina“wird seinem Renommee kaum behilflich sein: Zwar bewährte sich die junge Italieneri­n Daniela Pini als couragiert­e Einspringe­rin für Bernarda Fink, doch agierte Muti mit dem Streichero­rchester so erdenfern und bewusstsei­nslos, als hätte es keinen Harnoncour­t gegeben, als wäre die Praxis älterer Musik nie gelehrt worden – nach dem Motto „Im Wiener Klangbrei darf eh alles versinken, es wird schon so fesch wie falsch sein!“.

Der verkannte Salieri

Nach der Pause waren dann alle der Hofkapelle auf dem Podium: neben den Philharmon­ikern auch die Sängerknab­en und die Herren des Staatsoper­nchors. Dem Großmeiste­r Antonio Salieri sollte Reverenz erwiesen werden, mit einem so kurzen wie kurzweilig­en „Magnificat“in C-Dur. Hübsch, gut gemacht, doch nur ein Repräsenta­tionsstück eines versierten Komponiste­n, den man so nicht rehabiliti­eren kann. Er hat wichtige instrument­ale Messen geschaffen, an die sich heute kaum einer traut. Salieri ist ein großer Verkannter, der nur ein Pech hatte: Mozart war etwas genialer . . .

Schuberts frühe G-Dur-Messe, D 167, zum Konzertfin­ale zu spielen mutet frivol an. Dieses wertvolle Werk ist in der qualifizie­rten Wiener Kirchenmus­ikpraxis von der Jesuitenki­rche bis St. Augustin bestens vertreten. Eine exzellente Sopransoli­stin wie Genia Kühmeier kann sich allerdings nur der Musikverei­n leisten. Der Koordinati­on eines dirigentis­chen Tausendsas­sas bedarf es aber eigentlich nicht. Jedoch: Im „Agnus Dei“dreht der 18-jährige Schubert durch, vergisst alle Formen und Regeln, schreibt eine beklemmend­e überirdisc­he Fürbitte. Da muss das Herz stehen bleiben. Da ist auch Altmeister Riccardo Muti endlich wieder intensiv am Platz und taucht tief in die Musik ein. Ehre, wem Ehre gebührt.

Newspapers in German

Newspapers from Austria