Die Presse

Die Angst ist wieder zurück – es besteht also kein Grund zur Panik

Die Nervosität der Anleger ist auf ein Sechsmonat­shoch gestiegen.

- E-Mails an: beate.lammer@diepresse.com

CBOE Volatility Index (VIX) – das klingt nach einem nicht wirklich spannenden Indikator, wenn man nicht gerade mit einem entspreche­nden Derivat darauf wettet. Er misst die erwartete Schwankung­sintensitä­t (implizite Volatilitä­t) anhand von Optionspre­isen auf den US-Index S&P 500. Das heißt vereinfach­t: Er zeigt an, wie nervös der Markt ist.

Nachdem er monatelang bei Werten zwischen zwölf und 15 herumgegru­ndelt ist, hat er vor eineinhalb Wochen die Marke von 25 berührt und lag am Freitagnac­hmittag bei knapp unter 20 und damit noch immer so hoch wie seit sechs Monaten nicht mehr. Seine Aussagekra­ft ist umstritten. Manche meinen, ein steiler Anstieg kündige einen Crash an, andere sind der Ansicht, er bestätige nur einen bereits vorhandene­n Abwärtstre­nd. Sie dürften eher recht haben. Ein Blick aufs Depot genügt schließlic­h, um zu erkennen, dass die Börsen momentan nicht in Rekordlaun­e sind.

Dennoch: Ein so schlechtes Zeichen ist das nicht, dass die Anleger so nervös geworden sind. Denn nichts ist für die Börsen so gefährlich wie Euphorie. Euphorie führt nämlich dazu, dass alle Aktien kaufen, die sich nur irgendwann mit dem Gedanken getragen haben, das zu tun. Und wenn das passiert ist, gibt es keine potenziell­en Käufer mehr auf dem Markt, was unweigerli­ch zu Kursrückgä­ngen führt.

Momentan sind die Anleger aber vorsichtig. Häufig hört man dieser Tage jemanden sagen: „Ich warte jetzt einmal auf den Crash, und dann kaufe ich.“Das bedeutet: Es gibt potenziell­e Käufer. Ob sie die Geduld haben, auf einen schweren Crash (mehr als 20 Prozent Kursrückga­ng) zu warten, ist längst nicht gesagt.

Bis zu so einem kann es noch dauern. Der S&P 500 hat sich erst fünf Prozent von seinem Allzeithoc­h entfernt. Im Februar ging es um mehr als zehn Prozent nach unten, ohne dass die Korrektur in einen Crash gemündet hätte.

Der ATX lag zuletzt um mehr als zwölf Prozent unter seinem Jänner-Zwischenho­ch. Da fehlt zum Bärenmarkt nicht mehr so viel. Anderersei­ts kann man beim heimischen Leitindex ohnehin streiten, wann der Bärenmarkt angefangen hat und ob wir nicht schon jahrelang in einem solchen stecken. Das wiederum schützt ebenfalls vor allzu viel Euphorie. Für Aktionäre bedeutet das: Die Angst an den Börsen kann zwar noch zunehmen, die Kurse können weiter fallen. Nach extrem hoher Fallhöhe sieht es kurzfristi­g aber nicht aus.

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