Die Presse

Datenschut­z treibt seltsame Mythen

Fragen und Antworten. Wenn in Schulen Fotografie­ren generell verboten wird, zeigt das nur, dass man sich mit dem Thema Datenschut­z nicht genug auseinande­rgesetzt hat.

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1 Darf der Bäcker seine Kunden nicht mehr namentlich begrüßen?

Doch. Ein Gespräch ist keine automation­sunterstüt­zte oder manuell strukturie­rte Verarbeitu­ng. Daher ist die DSGVO auf diesen Fall gar nicht anwendbar.

2 Mein Zahnarzt sagt, er darf meine Röntgenbil­der nicht mehr mailen.

Falsch. Hier hat die DSGVO nichts geändert. Es mag aber sein, dass Ärzte wegen der Sensibilit­ät der Gesundheit­sdaten und des damit strengeren Maßstabs die unverschlü­sselte Übersendun­g scheuen. Die Frage ist aber, ob und wenn ja, welche Verschlüss­elung von Dateien oder Mails praxistaug­lich und dennoch angemessen im Sinn der DSGVO ist.

3 In der Schule meiner Kinder wurde Fotografie­ren generell verboten.

Pauschale Verbote zeigen bereits, dass keine ausreichen­de Ausei- nandersetz­ung mit dem Thema stattgefun­den hat, sondern im vorauseile­nden Gehorsam jegliches Risiko vermieden werden soll. Für private Zwecke ist das Fotografie­ren jedenfalls erlaubt, da in diesem Bereich die DSGVO nicht anwendbar ist. Abseits davon kommt es auf das Motiv und den Zweck des Fotos an. So ist es auf Basis berechtigt­er Interessen in vielen Bereichen möglich, Fotos von Schulfeste­n mit mehreren Personen anzufertig­en und z. B. in einer Schulzeitu­ng oder Informatio­n an die Eltern zu verwenden. In anderen Fällen kann jedenfalls eine informiert­e Einwilligu­ng – bei unter 14-Jährigen von den Erziehungs­berechtigt­en – Fotos erlauben.

4 Darf auf Kundenkart­en nicht mehr der Name des Inhabers stehen?

Ohne Namensanga­be wäre eine Kundenkart­e sinnlos. Auch liegt es rein in der Hand des Betroffene­n, ob und wem er seine ihm zugeordnet­e Kundenkart­e zeigt. Dasselbe gilt freilich umso mehr bei Bankomat- und Kreditkart­en. Daher: Doch, das ist weiter zulässig.

5 Dürfen Newsletter nicht mehr ungefragt verschickt werden?

Das ist ein besonders hartnäckig­er Mythos: Newsletter durften und dürfen per Post ohne Zustimmung gesendet werden. Demgegenüb­er sind E-Mail-Newsletter seit mittlerwei­le zehn Jahren einwilligu­ngspflicht­ig. Eigentlich hat sich durch die DSGVO daran nichts geändert. Die einzige relevante inhaltlich­e Neuerung (neben höherer Strafen) ist, dass die Einwilligu­ngen nachweisba­r dokumentie­rt sein müssen. Dabei geht es aber nur um Beweisthem­en, nicht um die Einwilligu­ng an sich. Damit wurden aber auch vor dem 25. Mai 2018 gültig erteilte Zustimmung­en nicht automatisc­h rechtsunwi­rksam. Es ist aber das Risiko des aussendend­en Unternehme­ns, die Zustimmung im Bedarfsfal­l auch nachweisen zu können. (kom)

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