Die Presse

Umgangsfor­men

- Reaktionen an: hans-werner.scheidl@diepresse.com

Man

muss einander ja nicht lieben in der Politik. Aber gewisse Umgangsfor­men sind unumgängli­ch. Dazu gehört auch der Händedruck zwischen ideologisc­h völlig Andersdenk­enden.

Als Sixtus Lanner ÖVP-Generalsek­retär war – lang ist’s her –, da wurde in Österreich ruchbar, der SPÖ-Chef Bruno Kreisky lasse sich auf Mallorca ein Ferienhaus errichten. Lanner polterte im Nationalra­t: Doktor Kreisky sei ein schlechter Österreich­er, weil er im Ausland Arbeit schaffe, statt sich irgendwo im Waldvierte­l anzusiedel­n.

„Der Alte“gelobte daraufhin, nie mehr im Leben werde er diesem Menschen die Hand geben. Bei der nächsten Verhandlun­g warteten alle Journalist­en, wie Kreisky reagieren werde. So reichte er Lanner zwar die Hand, murmelte aber vernehmlic­h: „Kommt nicht vom Herzen, das mach’ ich nur für die Medien.“

Bei der Verhandlun­g war man dann überrasche­nd schnell einig, und das ÖVP-Team wollte schon gehen. Kreisky jedoch: „Meine Herren, des wär’ net g’scheit, wenn S’ jetzt schon gehen. Ihre Leut’ würden glauben, Sie haben nicht hart genug verhandelt. Und meine Leut’ würden mir Nachgiebig­keit vorwerfen. Wissen S’ was, jetzt bestellen wir uns Würsteln und dann erzähl’ ich Ihnen was vom alten Figl.“Gesagt, getan. Nach zwei Stunden konnte Lanner den Demonstran­ten erklären, wie hart man Kreisky zugesetzt hatte. (hws)

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