Wozu Ehe? Warum Ehe und Familie schutzbedürftig sind
Der totale Individualismus hat mittlerweile die Industrienationen erobert. Die Familie stellt dieses Konzept jedoch radikal in Frage.
Ein junges Paar, beide sind gut ausgebildet. Er hat einen guten Job, auch sie ist die Karriereleiter schon ein gutes Stück nach oben geklettert. Sie beschließen, zusammenzuziehen, kaufen sich eine Wohnung. Alles ist wunderbar. Von Heirat ist nie die Rede. Wozu auch? Es besteht ja bei all diesen Schritten keine Notwendigkeit, verheiratet zu sein.
Die Situation ändert sich schlagartig, als sich Nachwuchs ankündigt. Plötzlich erhält das Gemeinsame eine neue Dimension. Das Paar muss gemeinsam planen, Lasten und Aufgaben verteilen, überlegen, wer sich wann und wie lang aus dem Erwerb zurückzieht, um das Kind zu betreuen, und wie man finanziell über die Runden kommt; wie der jeweilige Partner dann abgesichert sein wird und wen man zusätzlich in die Betreuung einbezieht.
Gegenseitiger Beistand ist gefragt und notwendig. Nun offenbart sich der Wert einer Ehe als einer auf Dauer angelegten Einrichtung, die Verbindlichkeit und Verlässlichkeit schafft. Der eigentliche Sinn der Ehe ist in der Debatte um Eingetragene Partnerschaften und einer Öffnung für Homosexuelle in den Hintergrund getreten. Die verbindliche und langfristige Bindung von Mann und Frau hat letztlich den Zweck, die gemeinsamen Kinder großzuziehen.
Kinder zu haben, ist ein Langzeitprojekt, sie aufzuziehen, schafft niemand völlig allein. Dieser Grundgedanke ist so alt wie die Menschheit. Dazu kam noch die Großfamilie oder Sippe, die die Eltern bei dieser Aufgabe unterstützte und entlastete. Diese Funktion übernimmt heute der Wohlfahrtsstaat mit Kindergeld, Karenz und Betreuungseinrichtungen. Obwohl, ganz ohne Großeltern oder Tanten und Onkeln geht es auch nicht, sie springen im Idealfall ein, wenn es eng wird. Alleinerzieherinnen sind nicht zufällig jene Gruppe, die am meisten belastet ist und am häufigsten unter Armut leidet.
Dieser gemeinschaftliche und langfristige Gedanke von Ehe und Familie durchbricht radikal das in westlichen Industrienationen mittlerweile dominierende Konzept der Individualisierung. Alles ist auf den Einzelnen und seine Bedürfnisse abgestimmt. Bezeichnend ist allerdings, dass dieses Prinzip nur in einem Wohlfahrtsstaat funktioniert, denn der Einzelne braucht sehr wohl Beistand: wenn er krank, alt, pflegebedürftig oder in Ausbildung ist. Somit ist das Primat des Individuums ohnehin eine Schimäre.
Das Prinzip der Individualisierung hat bei allem Wohlmeinen viel Schaden angerichtet. So etwa beim Steuersystem, das trotz Fortschritten kaum Rücksicht darauf nimmt, ob von einem Einkommen eine Person oder fünf leben müssen. Ähnliches gilt für die Pension, bei der die Kindererziehungszeiten nur einen Bruchteil des Verlusts kompensieren. Ältere Frauen, die durch Kindererziehung zu wenige Beitragsjahre erworben haben, schauen durch die Finger.
Völlig verkehrt ist in diesem Sinn auch das Prinzip der Biennien: Dabei zahlen die drauf, die sich eine Zeit lang der Familienarbeit widmen. Diesen Nachteil holen sie nie wieder auf. Verkehrt ist auch die Regelung über den Urlaubsanspruch: Junge Eltern müssten mehr davon haben, da kleine Kinder Zeit brauchen und überdies häufig krank sind. Wenn die Kinder aus dem Haus sind, benötigt man zusätzliche Urlaubstage nicht mehr unbedingt (außer bei körperlich und psychisch belastenden Tätigkeiten). Auch hier wird Familie nicht berücksichtigt.
Für Kinder ist die persönliche Anwesenheit ihrer Eltern wichtig, damit sie eine gute Bindung aufbauen können. Sie brauchen stabile Beziehungen, sie müssen sich verlassen können. Das gleiche gilt für Eltern, weil sie aufeinander angewiesen sind, um diese Rolle gut ausfüllen zu können.
Deshalb hat die Ehe eine Sonderstellung, dazu ist sie gedacht. Sie soll ein festes Fundament bieten. Ohne Familie ist der Mensch nicht denkbar. Schützt man die Ehe und die Familie nicht, ist letztlich auch die Gesellschaft von Zerfall bedroht.