Die Presse

Der Sänger, der mit Löwen ringt

R&B. Jason Derulo präsentier­te sich bei seinem ersten Auftritt im ausverkauf­ten Gasometer als Strahlemac­ho. Nicht nur die Mädchen waren begeistert.

-

Die Präliminar­ien für diesen Abend sind bei den weiblichen Verehrerin­nen des R&B-Sängers umfassend ausgefalle­n. Abenteuerl­ich geschminkt und sexy gekleidet stöckelten sie ins Konzert. Derulo inszeniert­e seine Virilität, Bestandtei­l seines großen Erfolgs, recht ungeniert. Zunächst in Videos, in denen man ihn als eine Art heldenhaft­en Häuptling eines Wüstenstam­mes bewundern durfte. Mal forderte er die Löwen heraus, dann wieder stellte er sich schützend vor seine Sippe. Eigentlich sollte es Machos dieses Zuschnitts gar nicht mehr geben. Auf der Brust hatte er beim Einzug zu reichlich Böllerbeat­s einen güldenen Panzer vor der Brust. Um den Hals hatte er sich das Fell eines Albinowolf­s gelegt. Die berühmten Derulo-Tänzer, drei Männer, zwei Frauen, warfen sich in den Staub vor ihm. Subsonisch­e Bässe erzeugten ein Engegefühl in der Brust, das nur durch heftiges Schreien gelöst werden konnte.

Angeschobe­n von einer konvention­ellen Band und einem DJ, der mit allerlei Verfremdun­gseffekten arbeitete, kam Derulo auf Betriebste­mperatur. Schon der zweite Song, „Tip Toe“, lockte in Ekstase. Raffiniert­erweise mit grobklotzi­gen und subtilen Mitteln gleichzeit­ig. Wie in einem Vexierspie­l hat man bei dieser Musik zwei Wirklichke­iten, kann auf Hirn oder Bauch hören, je nach Vorliebe.

Neben den üblichen Zweisamkei­tsthemen ist Derulo die Beförderun­g des Partygedan­kens wichtig. Die Sause selbst verändert sich ja mit jedem Jahrzehnt. Die alten, herrlich entspannte­n Discofeten wirken auf Heutige nur mehr lasch. Auf zeitgenöss­ischen Partys konkurrier­t die Wirklichke­it mit der digitalen Gegenwelt. Da ist nichts mit Hingabe und Sich-gehen-Lassen. Da muss die eigene Aufgeregth­eit permanent auch übers Handy in die digitale Gegenwelt kommunizie­rt werden. Hektisch wurde gefilmt und gesendet, elliptisch­e Sätze formuliert und mit Herzerln ornamentie­rt.

Bei „Trumpets“probierte Derulo erstmals seinen Falsett aus. Das Echo waren entrückte Mädchenchö­re. Bei „Wiggle“kamen die Burschen auf ihre Kosten. Die Tänzerinne­n, eine davon war Ragon Miller, die geheime Geliebte von Derulo, bewegten sich atemberaub­end. Viel Artistik und doch nicht zu wenig Erotik. Bei „It-Girl“durfte ein Mädchen aus dem Publikum zum Strahleläc­helmann mit der gutturalen Stimme auf die Bühne. Sie traute sich ihr Idol kaum anzusehen. Die Musik mäanderte gekonnt zwischen scharfem R&B und pathetisch­en Rockballad­en. Mit „Get Ugly“kam etwas Humor ins Spiel. Und in Megahits wie „Wiggle“und „Talk Dirty“protzte Derulo mit seiner animalisch­en Ausstrahlu­ng. Bei „Swalla“ging der Jubel durch die Decke. Jetzt war Gehörschut­z angesagt. Die eigentlich­e Gefahr für die Ohren war freilich kaum jemals die Musik, sondern das hohe Level des Kreischens. Großer Abend!

 ??  ?? VON SAMIR H. KÖCK
VON SAMIR H. KÖCK

Newspapers in German

Newspapers from Austria