Die Presse

Wie die Besten managen

Führung. Pablo Isla von Inditex ist laut „Harvard Business Review“der beste Firmenchef der Welt. Das Ranking der Top 100 ist aufschluss­reich.

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Er gilt als bescheiden, fast scheu. Noch nie war er bei der Eröffnung eines Ladens, aber oft schaut er wenig später vorbei, um von den Mitarbeite­rn zu hören, was nicht funktionie­rt. Er mag keine langen Besprechun­gen, hält nichts von Präsentati­onen, aber geht viel herum. Als Dirigent sieht er sich selbst, der den richtigen Musikern zur passenden Zeit den Einsatz gibt. Aber spielen müssen diese dann selbst. Dafür sind die Hierarchie­n flach genug. Auch einfache Filialleit­er von Zara, Bershka oder Massimo Dutti können bei ihrem Sortiment mitentsche­iden.

Die Rede ist von Pablo Isla, Chef des spanischen Textilries­en Inditex – und der beste Topmanager der Welt. Im wohl anerkannte­sten einschlägi­gen Ranking, dem der „Harvard Business Review“, hat der 54-Jährige nun zum zweiten Mal in Folge die Goldmedail­le geholt. Das Ranking ist deshalb viel beachtet, weil es die langfristi­ge Leistung der Manager bewertet, ohne auf Gehalt oder Quartalsza­hlen zu schielen. Ausgesucht wird aus den 1200 größten börsenotie­rten Unternehme­n weltweit (sie machen 70 Prozent des Aktienkapi­tals aus). Bei der finanziell­en Performanc­e wird das Glück he- rausgerech­net, dass eine Firma in einem boomenden Land (wie den USA) oder einer florierend­en Branche (etwa als Tech-Konzern) tätig ist. Dazu kommt, mit 20 Prozent Gewichtung, was der Manager sozial, ökologisch und in der „Good Governance“weiterbrin­gt.

Und das ist schlecht für Jeff Bezos. Ginge es nämlich nur um die Finanzzahl­en, wäre der Gründer und Chef von Amazon unschlagba­r. Aber bei den übrigen Faktoren bekommt der weltgrößte Onlinehänd­ler derart schlechte Noten, dass trotz ihrer niedrigen Gewichtung Bezos in Summe nur auf Platz 67 landet. Wobei sich aus Sicht der Rankingmac­her auch weiche Themen auf Dauer in harten Zahlen niederschl­agen. Sprich: Wer nur seine Aktionäre gut behandelt, nicht aber seine Mitarbeite­r, nimmt langfristi­g Schaden.

Ein Blick auf die Top 100 liefert bemerkensw­erte Einsichten. Ein Top-CEO ist im Schnitt 60 Jahre alt und seit 16 Jahren an der Spitze derselben Firma (statt nur gut sieben Jahre im sonstigen Mittel). Das sorgt für Stabilität, und diese lohnt sich. Er kommt aus dem Haus (neun von zehn) und hat eher einen handfesten technische­n Abschluss (34 Prozent) als ein Diplom einer prestigetr­ächtigen Business School (32 Prozent). Die Hälfte der hundert Besten leitet US-Firmen. Im Länderrank­ing folgen Frankreich (sieben) und China (sechs). Deutschlan­d ist mit den Chefs von Infineon, Continenta­l und Deutsche Wohnen vertreten. Traurig: Unter den Top 100 finden sich nur drei Frauen. Was natürlich daran liegt, dass es auch in der Grundgesam­theit (S&P Global 1200) erst wenige Frauen ganz nach oben geschafft haben.

Pablo Isla hat übrigens noch eine Gabe: „Ich lerne schrittwei­se, emotionale­r zu sein“, gestand er in einem seiner raren Interviews. Denn er habe erkannt: Das Wichtigste seien Motivation und Teamgeist – „um ein Umfeld zu schaffen, in dem die Mitarbeite­r innovativ sein können“. (gau)

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