Die Presse

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Gesundheit­sdaten sammeln ist so einfach. Schon das Thermomete­r verrät uns. Wer sich für unsere Gesundheit interessie­rt, muss nicht einmal unser Facebook-Profil hacken.

- E-Mails an: antonia.loeffler@diepresse.com

Stellen Sie sich vor, es ist Grippesais­on, und keiner in Ihrer Familie wird krank. Das haben Sie der Werbung für diese neuen Desinfekti­onstücher zu verdanken. Sie ist magischerw­eise pünktlich zum Start der Epidemie immer wieder am Laptop aufgeschie­nen. Ärzte empfehlen, die Tücher zu verwenden, um Grippe vorzubeuge­n. Warum also nicht ausprobier­en?

Einige Amerikaner dürfte den Tipp vergangene­n Winter befolgt haben. Dass er von einem Fieberther­mometer kam, wissen die wenigsten. Mehr als 500.000 US-Haushalte messen mit einem Thermomete­r der Firma Kinsa. Statt mit einer Quecksilbe­rsäule besticht das smarte Teil mit Internetve­rbindung. Seine Nutzer verfolgen ihre Fieberkurv­e gerne per App – die wenigsten schalten dabei die Handyortun­g aus.

Was macht das schlaue Gesundheit­stechnolog­ieunterneh­men? Es gibt die Krankendat­en samt Postleitza­hlen an Apotheken, Medizinher­steller und Produzente­n von Desinfekti­onstüchern weiter. Diese können gezielt regional Werbung schalten und Regale aufstocken, sobald die Ersten in der Gegend Fieber bekommen.

Kinsa hat seit 2012 29 Mio. Euro Investoren­geld eingesamme­lt. Und das wohl nicht, weil das Thermomete­r so akkurat misst. In der „New York Times“gibt die Firma bereitwill­ig Auskunft, wie sie Echtzeit-Krankendat­en anonymisie­rt zu Geld macht. Besser, man kommt bösen Zungen nach Datenmissb­rauchsfäll­en bei Facebook und Co. zuvor.

Aber wer braucht jetzt noch Facebook? Interessie­ren sich Firmen für unsere Gesundheit, müssen sie nicht einmal mehr den Umweg über unser Facebook-Profil oder die Google-Suche nehmen. In Zeiten von Smart-Home-Geräten legen wir ihnen die privateste Sache, unsere Gesundheit, zu Füßen.

Dass Amazon da nicht weit ist, ist klar. Diesen Oktober wurde ein US-Patent bewilligt, das seine Sprachassi­stentin, Alexa, einfühlsam­er machen soll. Wer verschnupf­t ist, dem könnte sie bald Hühnersupp­e und Hustenbonb­ons anbieten. Ob sie nach einem stressigen Tag auch mitfühlend die Flasche Rotwein ordert, ist nicht klar.

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