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Gesundheitsdaten sammeln ist so einfach. Schon das Thermometer verrät uns. Wer sich für unsere Gesundheit interessiert, muss nicht einmal unser Facebook-Profil hacken.
Stellen Sie sich vor, es ist Grippesaison, und keiner in Ihrer Familie wird krank. Das haben Sie der Werbung für diese neuen Desinfektionstücher zu verdanken. Sie ist magischerweise pünktlich zum Start der Epidemie immer wieder am Laptop aufgeschienen. Ärzte empfehlen, die Tücher zu verwenden, um Grippe vorzubeugen. Warum also nicht ausprobieren?
Einige Amerikaner dürfte den Tipp vergangenen Winter befolgt haben. Dass er von einem Fieberthermometer kam, wissen die wenigsten. Mehr als 500.000 US-Haushalte messen mit einem Thermometer der Firma Kinsa. Statt mit einer Quecksilbersäule besticht das smarte Teil mit Internetverbindung. Seine Nutzer verfolgen ihre Fieberkurve gerne per App – die wenigsten schalten dabei die Handyortung aus.
Was macht das schlaue Gesundheitstechnologieunternehmen? Es gibt die Krankendaten samt Postleitzahlen an Apotheken, Medizinhersteller und Produzenten von Desinfektionstüchern weiter. Diese können gezielt regional Werbung schalten und Regale aufstocken, sobald die Ersten in der Gegend Fieber bekommen.
Kinsa hat seit 2012 29 Mio. Euro Investorengeld eingesammelt. Und das wohl nicht, weil das Thermometer so akkurat misst. In der „New York Times“gibt die Firma bereitwillig Auskunft, wie sie Echtzeit-Krankendaten anonymisiert zu Geld macht. Besser, man kommt bösen Zungen nach Datenmissbrauchsfällen bei Facebook und Co. zuvor.
Aber wer braucht jetzt noch Facebook? Interessieren sich Firmen für unsere Gesundheit, müssen sie nicht einmal mehr den Umweg über unser Facebook-Profil oder die Google-Suche nehmen. In Zeiten von Smart-Home-Geräten legen wir ihnen die privateste Sache, unsere Gesundheit, zu Füßen.
Dass Amazon da nicht weit ist, ist klar. Diesen Oktober wurde ein US-Patent bewilligt, das seine Sprachassistentin, Alexa, einfühlsamer machen soll. Wer verschnupft ist, dem könnte sie bald Hühnersuppe und Hustenbonbons anbieten. Ob sie nach einem stressigen Tag auch mitfühlend die Flasche Rotwein ordert, ist nicht klar.