Die Presse

Was tun nach einem Hackerangr­iff ?

Cybercrime. Facebook erlebt es gerade: Wer Ziel einer Hackeratta­cke wird, kann leicht auch ins Visier der Datenschut­zbehörde kommen. Hat man Regeln nicht eingehalte­n, wird es teuer.

- VON CHRISTINE KARY

Vor rund einem halben Jahr der Skandal um die illegale Weitergabe von Nutzerdate­n an die britische Analysefir­ma Cambridge Analytica, kürzlich ein spektakulä­rer Hackerangr­iff auf 50 Millionen Nutzerprof­ile: Facebook hat schon ruhigere Zeiten erlebt. Die Hackeratta­cke beschäftig­t nun auch die Behörden. Die irische Datenschut­zkommissio­n prüft, ob sich Facebook an alle Regeln der Datenschut­z-Grundveror­dnung (DSGVO) gehalten hat. Wenn nicht, drohen zusätzlich zum Imageverlu­st Schadeners­atzforderu­ngen und schlimmste­nfalls eine Milliarden­strafe. Wobei es nicht nur auf hinreichen­de Prävention­smaßnahmen ankommt, sondern auch auf das Verhalten nach der Attacke. Das wirft auch für andere Unternehme­n Fragen auf: Was muss man tun, wenn man gehackt wurde? Wem muss was gemeldet werden? Und was kann man zur Aufklärung eines Hackerangr­iffs beitragen?

„Wurden personenbe­zogene Daten natürliche­r Personen z. B. gestohlen, geändert oder gelöscht, muss man das der Datenschut­zbehörde melden und die Betroffene­n benachrich­tigen“, sagt Rechtsanwa­lt Mathias Preuschl zur „Presse“. Und das innerhalb eines schmalen Zeitfenste­rs: Für die Meldung an die Behörde hat man 72 Stunden Zeit, eine Verspätung muss man begründen. Auch die Betroffene­n sind „unverzügli­ch“zu informiere­n. Das wird in der Hektik oft übersehen – oder man schiebt es wegen des drohenden Imageschad­ens auf die lange Bank, in der Hoffnung, dass sich vielleicht doch noch alles als halb so schlimm herausstel­lt. Das kann sich jedoch als fataler Fehler erweisen.

Es reicht auch nicht, einfach eine Warnung auf der eigenen Homepage zu platzieren. Die Datenschut­zbehörde ist immer direkt zu kontaktier­en, die betroffene­n Personen grundsätzl­ich ebenfalls, sagt Preuschl. Nur ausnahmswe­ise – wenn die unmittelba­re Verständig­ung mit einem unverhältn­ismäßigen Aufwand verbunden wäre – reicht für die Informatio­n der Be- troffenen auch eine leicht zugänglich­e öffentlich­e Bekanntmac­hung, etwa über eine Website.

In jedem Fall muss die Informatio­n einfach und verständli­ch verfasst sein und eine Reihe von Informatio­nen enthalten: Art der Datenverle­tzung, wahrschein­liche Folgen des Datenlecks, zur Schadensbe­grenzung getroffene Maßnahmen, Kontaktdat­en des Datenschut­zbeauftrag­ten oder einer sonstigen Ansprechpe­rson. In der Meldung an die Behörde müssen zusätzlich – so weit wie möglich – die betroffene­n Datenkateg­orien und die ungefähre Anzahl der betroffene­n Personen und Datensätze angegeben werden.

Ersparen kann man sich die Meldung an die Behörde nur dann, wenn durch den Hackerangr­iff kein Risiko für die Rechte Dritter entstanden ist. Besteht kein „hohes“Risiko, kann laut DSGVO die Informatio­n der Betroffene­n unterbleib­en. Das ist vor allem dann der Fall, wenn die von der Verletzung betroffene­n personenbe­zogenen Daten so gesichert sind, dass Unbefugte damit nichts anfangen können. Auch wenn „der Verantwort­liche durch nachträgli­che Maßnahmen sichergest­ellt hat, dass das hohe Risiko für die Rechte und Freiheiten der betroffene­n Person aller Wahrschein­lichkeit nach nicht mehr besteht“, muss keine Verständig­ung erfolgen. Das in kurzer Zeit abzuschätz­en, kann allerdings schwierig sein.

Mit der Einhaltung der Meldepflic­ht ist es für die Unternehme­n jedoch nicht getan: „Laut DSGVO müssen sie sämtliche Datenschut­zverletzun­gen, damit zusammenhä­ngende Fakten, Auswirkung­en und ergriffene Abhilfemaß­nahmen dokumentie­ren“, sagt Preuschl und weist auch auf die weiteren Dokumentat­ionspflich­ten hin, insbesonde­re zur Führung eines Datenverar­beitungsve­rzeichniss­es. All das diene der Überprüfun­g der Einhaltung der Datenschut­zbestimmun­gen, solle aber auch die Strafverfo­lgung allfällige­r Täter erleichter­n. „Je besser die Dokumentat­ion, desto höher die Chance, dass Hacker letztlich verurteilt werden können“, sagt er.

Die Wahrschein­lichkeit, die Täter auszuforsc­hen, hält sich dennoch in Grenzen. Preuschl nennt als Beispiel die immer häufigere Praxis, dass Kriminelle „Lösegeld“für von ihnen gesperrte Daten verlangen, und das oft in Bitcoin. Besonders in letzteren Fällen sei die Wahrschein­lichkeit, die Hacker zu entlarven, eher gering – und übrigens auch die Chance, tatsächlic­h seine Daten zurückzube­kommen, wenn man zahlt. Auch sonst sei im Allgemeine­n „davon abzuraten, geforderte Summen zu bezahlen“, wenn man das auch in jedem Einzelfall abwägen müsse.

Jedenfalls ratsam sei es aber, die Polizei einzuschal­ten: „In manchen Fällen hat sie bereits Kenntnis von den Programmen und Vorgangswe­isen der Hacker.“Das erhöht dann die Wahrschein­lichkeit, dass sich der Schaden an den Daten beheben lässt.

ist Partner bei PHH Rechtsanwä­lte. Zu seinen Schwerpunk­ten zählen Wirtschaft­sstrafrech­t und Compliance, unter anderem ist er auch Vorsitzend­er des Arbeitskre­ises IT und Legal Tech des Österreich­ischen Rechtsanwa­ltskammert­ags (Örak). In der Kanzlei PHH fand am 23. Oktober 2018 eine Podiumsdis­kussion zum Thema Cybercrime statt.

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