Die Presse

Sprung zurück auf die Weltbühne

Turnen. Simone Biles greift nach Auszeit und Missbrauch­sbekenntni­s nach WM-Gold.

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Mit fünf Medaillen, davon vier in Gold bei den Olympische­n Spielen 2016 in Rio hat Simone Biles Geschichte im Turnen geschriebe­n, am Samstag kehrt sie bei der WM in Doha auf die Weltbühne zurück. Die 21-Jährige hat eine 18-monatige Auszeit hinter sich und im vergangene­n Jänner auf Twitter das Bekenntnis abgelegt, dass auch sie Opfer des sexuellen Missbrauch­s durch USTeamarzt Larry Nasser war.

Sie sei erleichter­t gewesen, ihre Geschichte endlich zu erzählen, und wollte damit andere ermuntern, dies ebenfalls zu tun. „Viele schauen zu mir auf, und wenn sie sehen, dass Simone stark genug ist, denken sie sich hoffentlic­h: ,Ich bin es auch‘“, er- klärte Biles. Über 250 Mädchen und Frauen hatten am Ende gegen Nasser geklagt, der 55-Jährige wurde wegen der Übergriffe in seiner Amtszeit als Arzt des amerikanis­chen Turnverban­des (von 1996 bis 2014) sowie des Besitzes von Kinderporn­ografie zu mindestens 100 Jahren Haft verurteilt. „Er hat bekommen, was er verdient hat“, sagte Biles.

In Training und Wettkämpfe­n überstrahl­t der US-Star mit sprunggewa­ltigen Auftritten und gewinnende­m Lächeln alles, auf Twitter finden sich zwischen Tiervideos und Essensfoto­s auch Einblicke ins Seelenlebe­n. „Manchmal glaube ich, die Leute vergessen, dass ich ein Mensch mit Gefühlen bin“, heißt es da etwa.

Erst im März kehrte Biles offiziell in das US-Nationalte­am zurück, vier Monate später sorgte sie bei ihrem ersten nationalen Wettkampf für Erstaunen bei Experten, Fans und Rivalinnen. Die Athletin aus Ohio hat ihre Routinen von 2016 noch einmal um Tücken angereiche­rt und markierte trotz Sturz im Mehrkampf mit 58.700 Punkten einen neuen Rekord im seit 2017 gültigen Punktesyst­em. Wenig überrasche­nd kürte sich Biles im August zur US-Meisterin in allen Diszipline­n – erstmals überhaupt am Stufenbarr­en –, ihr Outfit war damals in jener Farbe gehalten, die für Opfer sexuellen Missbrauch­s steht.

In Doha könnte die 21-Jährige bei ihren vierten Titelkämpf­en mit dem erneuten Gewinn des Mehrkampft­itels die Bestmarke der Russin Swetlana Chorkina einstellen, mit drei Goldmedail­len den Weißrussen Vitali Scherbo als erfolgreic­hsten Turner der WM-Geschichte (erst seit 2000 finden Titelkämpf­e in jedem Jahr außer Olympia statt) ablösen. „Es ist fast schockiere­nd, mit welcher Leichtigke­it sie die Bewegungen ausführt“, schwärmte Tom Foster, der seit heuer als US-Coach fungiert. „Sie ist fokussiert, arbeitet hart, hat das Talent und eine gute Technik. Es gibt nur wenige Sportler, die all das vereinen, aber bei Simone ist das der Fall.“(swi)

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[ USA Today Sports ]

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