Die Presse

„Jetzt bin ich angekommen“

Humanitäre­s Engagement. Kinderarzt Werner Waldmann wurde für seinen Einsatz in verarmten Ländern ausgezeich­net. Eine Tätigkeit, die er „schon immer“ausüben wollte.

- VON KÖKSAL BALTACI

Ab einem gewissen Alter, bekennt Werner Waldmann, mache man sich nicht mehr allzu viel aus Auszeichnu­ngen. Gerührt sei er dennoch – nicht wegen seiner Prämierung, sondern angesichts der vielen beeindruck­enden Erfolgsges­chichten, die an diesem Abend vorgestell­t wurden und deren Protagonis­ten er heute kennengele­rnt habe. „Dabei“, so Waldmann, „habe ich mir fest vorgenomme­n, nicht gerührt zu sein.“

Wirklich berühren würden ihn aber andere Situatione­n, meint der 90-jährige pensionier­te Kinderarzt aus Salzburg. Und erzählt von einer Begegnung mit einer Mutter irgendwo auf einem Hügel in einem armen Land – einer verzweifel­ten Frau, deren vier Kinder am Verhungern gewesen seien und die mit versteiner­ter Miene ins Leere geblickt habe. „Wenn ich dieser Mutter helfen und ihre Kinder aufpäppeln kann, und sie mir nach ein paar Wochen ein Lächeln schenkt – das macht mich glücklich“, sagt der Obmann der Austrian Doctors.

Dabei handelt es sich um eine Gruppe von Ärzten, die in Ländern wie den Philippine­n, in Indien, Bangladesc­h, Kenia und Sierra Leone Entwicklun­gshilfe leisten – in Form von medizinisc­her Versorgung, aber auch durch die Vermittlun­g von Bildung. „Damit“, so Waldmann, „die Kinder aus dem Teufelskre­is, in dem sie gefangen sind und für den sie nichts können, ausbrechen können.“Daher habe seine Initiative, die 2008 unter an- derem von ihm ins Leben gerufen worden ist und in Kooperatio­n mit der deutschen und Schweizer Organisati­on betrieben wird, Schulen in Slums in Asien und Afrika gebaut. Als Arzt könne er schließlic­h nur Wunden heilen, nachhaltig­e Veränderun­g sei nur durch Schulbildu­ng möglich.

Verändert hätten die Austrian Doctors im Übrigen nicht nur das Leben Hunderter Kinder, sondern auch sein eigenes. „Als ich zum ersten Mal ein krankes Kind auf meinem Schoß hatte und ihm helfen konnte, wurde mir klar: Deswegen bin ich Arzt geworden, das wollte ich schon immer machen, jetzt bin ich angekommen.“

Für seinen langjährig­en Einsatz wurde Waldmann bei der Austria’18-Gala am Dienstagab­end zum Österreich­er des Jahres in der Kategorie Humanitäre­s Engagement gekürt. Überreicht wurde ihm die Trophäe von Bettina Glatz-Kremsner, Vorstandsd­irektorin der Österreich­ischen Lotterien, dem Sponsor dieser Kategorie, die traditione­ll als letzte vergeben wird – und traditione­ll auch den meisten Beifall bekommt. Der Siegerap- plaus ist Waldmann aber beinahe unangenehm. „Bitte hören Sie auf, das habe ich nicht verdient“, sagt er verlegen und deponiert seine wichtigste Botschaft: „Sollte sich jemand im Saal befinden, der schon immer helfen wollte, und heute vom Wollen zum Tun übergeht, hat sich der Abend bereits gelohnt.“Auch im Gespräch nach der Verleihung betont er, wie wichtig die regelmäßig­e Unterstütz­ung seiner Tätigkeit ist: „Die ehrenvolle Anerkennun­g freut mich sehr. Unseren anvertraut­en Armen hilft sie aber nur, wenn dem Lob auch wirksame Hilfe folgt. Ohne Unterstütz­ung ist auch unsere Arbeit nur ganz schwer möglich.“

Die Kategorie Humanitäre­s Engagement ist die einzige, deren Gewinner ausschließ­lich von den Lesern und Usern der „Presse“ermittelt werden – und auch die einzige mit einer Dotierung. Die drei Bestgereih­ten bekommen jeweils 10.000 Euro, gestiftet von allen Sponsoren der Austria’18. Die beiden anderen Gewinner sind Doris Regele von der Make-a-Wish-Foundation Austria und Eva Grabherr von der Vorarlberg­er Integratio­nsinitiati­ve Okay.zusammen leben.

Make a Wish hilft dabei, schwerkran­ken Kindern einen Herzenswun­sch zu erfüllen, pro Jahr werden in Österreich rund 100 Wünsche erfüllt. Okay.zusammen leben ist eine Wissens- und Kompetenzs­telle für Migrations- und Integratio­nsfragen in Vorarlberg, die Grabherr 2001 mitbegründ­et hat.

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