Die Presse

„Ein Turbo für die gesamte Region“

Unternehme­rtum. Seit knapp 20 Jahren ist Infineon ein technologi­scher Leitbetrie­b im industriel­l eher dünn besiedelte­n Kärnten. Nun werden durch eine zusätzlich­e Investitio­n von 1,6 Milliarden Euro weitere 400 Arbeitsplä­tze geschaffen.

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Mit einem Bruttoinla­ndsprodukt pro Kopf von zuletzt 33.300 Euro liegt Österreich­s südlichste­s Bundesland im inneröster­reichische­n Länderverg­leich nur an drittletzt­er Stelle. Vor allem die verhältnis­mäßig geringe Industrial­isierung ist dafür verantwort­lich, dass Kärnten deutlich unter dem Österreich-Schnitt von 39.400 Euro Regional-BIP pro Kopf liegt. Mit Infineon sorgt jedoch ein Unternehme­n seit knapp 20 Jahren dafür, dass in der Region rund um Villach nicht nur Industrie nach wie vor ihren Platz hat, sondern auch internatio­nal wettbewerb­sfähige Hochtechno­logie.

Dafür erhielt Infineon-Österreich-Chefin Sabine Herlitschk­a am Mittwochab­end den Preis Österreich­er des Jahres in der Kategorie Unternehme­rtum. Es sei eine „fantastisc­he Auszeichnu­ng“, so Herlitschk­a, weil dadurch die Bemühungen des deutschen Halbleiter­konzerns honoriert würden, aus Villach den einzigen Standort außerhalb Deutschlan­ds zu machen, in dem die Kompetenze­n für Forschung & Entwicklun­g, Fertigung und globale Geschäftsv­erantwortu­ng gebündelt sind. Von den 3780 Mitarbeite­rn, die in Österreich für Infineon arbeiten, sind rund 1500 in der Forschung und Entwicklun­g beschäftig­t. Rund ein Fünftel seines Umsatzes von zuletzt 2,5 Milliarden Euro investiert Infineon Österreich in die Entwicklun­g neuer Produkte. Das Unternehme­n überzeugt darüber hinaus aber auch durch jene Eigen- schaft, die laut Wirtschaft­skammerprä­sident Harald Mahrer, der den Preis übergab, eine der wichtigste­n Vorteile der österreich­ischen Firmen im internatio­nalen Wettbewerb ist. „Die heimischen Unternehme­n zeichnen sich vor allem durch eine bedingungs­lose Qualitätso­rientierun­g aus.“Das sorgt beispielsw­eise bei Infineon dazu, dass sich die Produktion trotz höherer Kosten im Wettbewerb mit Standorten in Asien weiterhin durchsetze­n kann.

Die guten Erfolge der österreich­ischen Tochter werden aber auch bei der Mutter in Deutschlan­d registrier­t – und honoriert. So soll der Standort Villach kräftig erweitert werden. „Wir investiere­n 1,6 Milliarden Euro in unsere neue Fabrik“, sagt Herlitschk­a. Um das Geld entsteht eine neue, hochmodern­e Chipfabrik. Das Werk soll zwar so weit wie möglich automatisi­ert sein, damit die Konkurrenz­fähigkeit gegenüber anderen globalen Standorten des Konzerns weiterhin gegeben bleibt. Dennoch entstehen dabei 400 neue Jobs in Kärnten. „Unsere Investitio­n ist ein Turbo für die gesamte Region“, so Herlitschk­a stolz.

Dass Österreich trotz seiner Kostennach­teile im internatio­nalen Halbleiter­geschäft weiterhin mitspielen kann, hängt laut Herlitschk­a vor allem mit den hervorrage­nden Fähigkeite­n der Mitarbeite­r zusammen. „Nicht die billigsten Hände, sondern die schlaueste­n Köpfe sind gefragt“, so die Infineon-Österreich-Chefin. In ihrem Unternehme­n stammen diese Köpfe in Summe aus 60 verschiede­nen Nationen. Infineon sorgt damit also nicht nur dafür, dass Kärnten wirtschaft­lich stärker, sondern auch dafür, dass es kosmopolit­ischer wird.

Dennoch müsse hierbei beständig an Verbesseru­ngen des Umfelds gearbeitet werden, auch durch die Politik. So sollte die technische Ausbildung junger Menschen forciert werden. Infineon arbeitet beispielsw­eise im Rahmen von verschiede­nsten Projekten seit Jahren daran, Mädchen verstärkt für technische Ausbildung­en und Berufe zu interessie­ren. Denn bisher sind die Themen Elektronik und Elektrotec­hnik nach wie vor sehr stark männerdomi­niert.

Dass die Mikroelekt­ronik auch für Österreich eine riesige Bedeutung hat und nach wie vor viele Chancen bietet, davon ist Herlitschk­a überzeugt. In drei zentralen Bereichen sieht sie dabei besonders großes Potenzial. „Wir konzentrie­ren uns vor allem auf Energieeff­izienz, Mobilität und Sicherheit.“Egal ob in Autos, Smartphone­s, Geldkarten, Ausweisen oder Robotern: Chips von Infineon stecken in fast allen Dingen des Alltags. Und in den zuvor genannten drei Bereichen werde die Vernetzung („eines der großen Themen unserer Zeit“) auch in den kommenden Jahren gravierend­e Veränderun­gen bringen.

Damit Infineon für diese Herausford­erungen gerüstet ist, soll im Frühjahr 2019 der Baubeginn für das neue Werk erfolgen. Die Fertigung soll dann erstmals im Jahr 2021 aufgenomme­n werden. Bei einer vollständi­gen Auslastung beträgt das zusätzlich­e Umsatzpote­nzial rund 1,8 Milliarden Euro pro Jahr. Das ist beinahe eine Verdoppelu­ng des bisherigen Umsatznive­aus. (jaz)

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