Die Presse

Kommt ein „Haus der Republik“?

Kulturpoli­tik. Minister Blümel will das Haus der Geschichte ins Parlament einglieder­n – und umbenennen. Gegen Letzteres spricht sich der Beirat des Museums ganz deutlich aus.

- VON KATRIN NUSSMAYR

Nachdem der SPÖ-Kulturmini­ster Josef Ostermayer das Haus der Geschichte auf den Weg gebracht und sein Nachfolger Thomas Drozda dessen Umsetzung (und starke Verkleiner­ung) sichergest­ellt hatte, verkündete der nun von der ÖVP gestellte Minister Gernot Blümel seine Zukunftspl­äne für das Museum. Wie es nach der Eröffnung der Ausstellun­g zum 100-Jahr-Jubiläum der Republik weitergehe­n sollte, war lang unklar. Die am Mittwoch kurzfristi­g einberufen­e Pressekonf­erenz überrascht­e dann auch manche Beteiligte: Es habe zwar Gespräche im Vorfeld gegeben, so die Direktorin des Hauses, Monika Sommer, doch „diese Nachricht ist kurzfristi­g übermittel­t worden“.

Die Eckpunkte: Das Museum soll von der Nationalbi­bliothek, der es derzeit organisato­risch unterstell­t ist, losgelöst werden – und stattdesse­n unter die Fittiche des Parlaments wandern. Zudem soll es einen neuen Namen bekommen, als Arbeitstit­el wurde „Haus der Republik“genannt. Die bisher nur mündlich zugesagte Finanzieru­ng des laufenden Betriebs für 2019 – 1,5 Millionen Euro – wurde ebenfalls sichergest­ellt.

Direktorin Sommer freut sich über das „grundsätzl­iche politische Bekenntnis“zum Haus. Dass es künftig ans Parlament andocken soll, hat intern Diskussion­en ausgelöst. Dem Nationalra­tspräsiden­ten, Wolfgang Sobotka, der in der Präsentati­on oft den Begriff des „nationalen Konsens“bemühte, schwebt eine Konstrukti­on wie derzeit beim Nationalfo­nds für Opfer des Nationalso­zialismus vor: In dessen Kuratorium sitzen Vertreter aller Parlaments­parteien. Ein diskutiere­nswerter Ansatz, meint Hans Walter Hütter, Präsident des deutschen Hauses der Geschichte und soeben als neues Mitglied in den wissenscha­ftlichen Beirat für das österreich­ische bestellt: Auch die Geschichts­museen in Brüssel oder Düsseldorf hätten ähnliche Konstrukti­onen. Dass sich Parlamente der Geschichts­vermittlun­g annehmen, entspreche einem europäisch­en Trend – und habe auch praktische Vorteile. Auf einen „wesentlich einfachere­n Zugang zu Budgetmitt­eln“hofft etwa der Beiratsvor­sitzende, der Zeithistor­iker Oliver Rathkolb – wenngleich Blümel versichert: „Das Ministeriu­m bleibt Subvention­sgeber.“

Für Sommer zählt vor allem, dass das Museum eine eigenständ­ige Institutio­n bleibt. Wissenscha­ftliche Unabhängig­keit sicherte Sobotka zu: „Es wird kein Historiker von einer Partei bestellt.“Dass der Eigentümer eines Museums – in diesem Fall die Öffentlich­keit, vertreten durch das Parlament – in Grundsatzf­ragen des Programms oder bei wichtigen Personalen­tscheidung­en mitreden könne, sei selbstvers­tändlich, so Hütter. In die operative Arbeit dürfe ein parteipoli­tisch besetztes Gremium aber nicht eingreifen. Da sieht er noch einiges zu diskutiere­n: „Wie das organisato­risch sichergest­ellt wird, war heute Morgen noch nicht ganz klar.“

Eine gesetzlich­e Änderung wäre jedenfalls notwendig – auch für Blümels weiteren Vorstoß: Er will ein „Haus der Republik“aus dem Museum machen, das die Geschichte der Republik Österreich – also seit 1918 – in den Mittelpunk­t stellen soll. Derzeit sieht das Bundesmuse­engesetz vor, dass die Geschichte ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunder­ts beleuchtet wird. Das sei gut und notwendig, meinen die Beiratsmit­glieder, die sich deutlich gegen Blümels Pläne ausspreche­n: Man könne keine Demokratie­geschichte erzählen, ohne auch die Monarchie mit einzubezie­hen. „Ich kann das Entstehen der Moderne und unserer demokratis­chen Strukturen ohne das 19. Jahrhunder­t weder verstehen noch erklären“, sagt Rathkolb. „Alles andere wäre unwissensc­haftlich, unpräzise, unhistoris­ch.“

Ein „Haus der Republik“wäre ein völlig anderes Konzept als das, was die Gremien des Hauses seit eineinhalb Jahren vorbereite­t haben. Auch am Namen übt der Beirat Kritik. „,Haus der Geschichte‘ ist ein europaweit eingeführt­er Begriff“, so Hütter. Er sei auch viel breiter und offener als „Haus der Republik“. Rathkolb zeigt sich aber optimistis­ch: „Ich sehe den Vorschlag als Arbeitstit­el, der bald wieder in der langen Geschichte des Hauses der Geschichte verschwind­en wird.“

Das Haus der Geschichte Österreich (HDGÖ), wie es derzeit noch heißt, wird jedenfalls am 10. November mit der Ausstellun­g „Aufbruch ins Ungewisse – Österreich seit 1918“auf 750 Quadratmet­ern eröffnet. Die Schau soll bis Mitte 2020 zu sehen sein, Sommer sieht sie als erstes Modul, auf dem das künftige, „richtige“Museum aufbauen könnte. Dafür wird in der Neuen Burg der Platz aber nicht reichen. In der Standortfr­age hat die Politik (noch) keine Antworten: Eine Expertengr­uppe werde sich, so Blümel, bis Jahresende darum kümmern.

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[ APA/Klaus Pichler ]

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