Kommt ein „Haus der Republik“?
Kulturpolitik. Minister Blümel will das Haus der Geschichte ins Parlament eingliedern – und umbenennen. Gegen Letzteres spricht sich der Beirat des Museums ganz deutlich aus.
Nachdem der SPÖ-Kulturminister Josef Ostermayer das Haus der Geschichte auf den Weg gebracht und sein Nachfolger Thomas Drozda dessen Umsetzung (und starke Verkleinerung) sichergestellt hatte, verkündete der nun von der ÖVP gestellte Minister Gernot Blümel seine Zukunftspläne für das Museum. Wie es nach der Eröffnung der Ausstellung zum 100-Jahr-Jubiläum der Republik weitergehen sollte, war lang unklar. Die am Mittwoch kurzfristig einberufene Pressekonferenz überraschte dann auch manche Beteiligte: Es habe zwar Gespräche im Vorfeld gegeben, so die Direktorin des Hauses, Monika Sommer, doch „diese Nachricht ist kurzfristig übermittelt worden“.
Die Eckpunkte: Das Museum soll von der Nationalbibliothek, der es derzeit organisatorisch unterstellt ist, losgelöst werden – und stattdessen unter die Fittiche des Parlaments wandern. Zudem soll es einen neuen Namen bekommen, als Arbeitstitel wurde „Haus der Republik“genannt. Die bisher nur mündlich zugesagte Finanzierung des laufenden Betriebs für 2019 – 1,5 Millionen Euro – wurde ebenfalls sichergestellt.
Direktorin Sommer freut sich über das „grundsätzliche politische Bekenntnis“zum Haus. Dass es künftig ans Parlament andocken soll, hat intern Diskussionen ausgelöst. Dem Nationalratspräsidenten, Wolfgang Sobotka, der in der Präsentation oft den Begriff des „nationalen Konsens“bemühte, schwebt eine Konstruktion wie derzeit beim Nationalfonds für Opfer des Nationalsozialismus vor: In dessen Kuratorium sitzen Vertreter aller Parlamentsparteien. Ein diskutierenswerter Ansatz, meint Hans Walter Hütter, Präsident des deutschen Hauses der Geschichte und soeben als neues Mitglied in den wissenschaftlichen Beirat für das österreichische bestellt: Auch die Geschichtsmuseen in Brüssel oder Düsseldorf hätten ähnliche Konstruktionen. Dass sich Parlamente der Geschichtsvermittlung annehmen, entspreche einem europäischen Trend – und habe auch praktische Vorteile. Auf einen „wesentlich einfacheren Zugang zu Budgetmitteln“hofft etwa der Beiratsvorsitzende, der Zeithistoriker Oliver Rathkolb – wenngleich Blümel versichert: „Das Ministerium bleibt Subventionsgeber.“
Für Sommer zählt vor allem, dass das Museum eine eigenständige Institution bleibt. Wissenschaftliche Unabhängigkeit sicherte Sobotka zu: „Es wird kein Historiker von einer Partei bestellt.“Dass der Eigentümer eines Museums – in diesem Fall die Öffentlichkeit, vertreten durch das Parlament – in Grundsatzfragen des Programms oder bei wichtigen Personalentscheidungen mitreden könne, sei selbstverständlich, so Hütter. In die operative Arbeit dürfe ein parteipolitisch besetztes Gremium aber nicht eingreifen. Da sieht er noch einiges zu diskutieren: „Wie das organisatorisch sichergestellt wird, war heute Morgen noch nicht ganz klar.“
Eine gesetzliche Änderung wäre jedenfalls notwendig – auch für Blümels weiteren Vorstoß: Er will ein „Haus der Republik“aus dem Museum machen, das die Geschichte der Republik Österreich – also seit 1918 – in den Mittelpunkt stellen soll. Derzeit sieht das Bundesmuseengesetz vor, dass die Geschichte ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts beleuchtet wird. Das sei gut und notwendig, meinen die Beiratsmitglieder, die sich deutlich gegen Blümels Pläne aussprechen: Man könne keine Demokratiegeschichte erzählen, ohne auch die Monarchie mit einzubeziehen. „Ich kann das Entstehen der Moderne und unserer demokratischen Strukturen ohne das 19. Jahrhundert weder verstehen noch erklären“, sagt Rathkolb. „Alles andere wäre unwissenschaftlich, unpräzise, unhistorisch.“
Ein „Haus der Republik“wäre ein völlig anderes Konzept als das, was die Gremien des Hauses seit eineinhalb Jahren vorbereitet haben. Auch am Namen übt der Beirat Kritik. „,Haus der Geschichte‘ ist ein europaweit eingeführter Begriff“, so Hütter. Er sei auch viel breiter und offener als „Haus der Republik“. Rathkolb zeigt sich aber optimistisch: „Ich sehe den Vorschlag als Arbeitstitel, der bald wieder in der langen Geschichte des Hauses der Geschichte verschwinden wird.“
Das Haus der Geschichte Österreich (HDGÖ), wie es derzeit noch heißt, wird jedenfalls am 10. November mit der Ausstellung „Aufbruch ins Ungewisse – Österreich seit 1918“auf 750 Quadratmetern eröffnet. Die Schau soll bis Mitte 2020 zu sehen sein, Sommer sieht sie als erstes Modul, auf dem das künftige, „richtige“Museum aufbauen könnte. Dafür wird in der Neuen Burg der Platz aber nicht reichen. In der Standortfrage hat die Politik (noch) keine Antworten: Eine Expertengruppe werde sich, so Blümel, bis Jahresende darum kümmern.