Die Presse

Festnahme nach Paketbombe­nserie

USA. Verdächtig­e Pakete erreichten prominente Kritiker von Trump. Der Präsident sagte, sie schaden dem Wahlkampf der Republikan­er. Kurz vor der Kongresswa­hl spitzt sich die Rhetorik zu.

- Von unserem Korrespond­enten STEFAN RIECHER

Am Freitag nahm das Leben in Manhattan seinen gewohnten Lauf. Robert de Niros Restaurant an der Greenwich Street in Tribeca sperrte zu Mittag auf, der Nachrichte­nsender CNN ist längst wieder ins Time Warner Center zurückgezo­gen, und nahezu alle Straßenspe­rren sind aufgehoben. Die Polizeiprä­senz ist groß, aber daran hat man sich längst gewöhnt. Die New Yorker haben gelernt, mit der ständigen Bedrohung des Terrors zu leben.

Die Suche nach einem Paketbombe­r, der im Lauf der Woche die Millionenm­etropole sowie weite Teile der USA in Angst und Schrecken versetzt, lief auf Hochtouren, schließlic­h vermeldete die Polizei am Freitagabe­nd, dass ein Verdächtig­er gefasst worden sei. Details waren vorerst keine bekannt.

Mehr als zehn Sendungen mit potenziell­er Explosions­gefahr hat ein Unbekannte­r geschickt, unter anderem an den früheren Präsidente­n Barack Obama, seinen Vize Joe Biden, den Sender CNN, den Milliardär George Soros, die Präsidents­chaftskand­idatin Hillary Clinton und den Schauspiel­er de Niro. Sie alle haben eines gemeinsam: Sie zählen zu den heftigsten Kritikern von Präsident Donald Trump. Keines der bisher gesendeten Pakete explodiert­e und es ist unklar, ob sie voll funktionst­üchtig waren. Die Behörden sind in Alarmberei­tschaft, denn mehrere Pakete könnten nach wie vor im Umlauf zu sein. Am Freitag wurden zwei weitere abgefangen, eines davon war für den demokratis­chen Senator Cory Booker bestimmt.

Auch jene Bomben, die an Obama und Clinton adressiert gewesen waren, hat das Secret Service rechtzeiti­g abgefangen. Die prominente­n Demokraten kamen nie in die Nähe der Pakete. Viel deutet darauf hin, dass die gefährlich­e Post in Florida aufgegeben wurde, die Ermittler konzentrie­rten sich auf die Gegend rund um Miami, wo die Festnahme schließlic­h auch erfolgte. In jedem Fall führt die Bombenseri­e der Welt einmal mehr eindrückli­ch vor Augen, wie gespalten die USA momentan sind, wie polarisier­end die Stimmung ist. Viele Beobachter machen dafür den Präsidente­n verantwort­lich, der mit seiner gnadenlose­n Rhetorik zusätzlich Öl ins Feuer gieße. Nachdem die ersten Pakete abgefangen wurden, verurteilt­e Donald Trump das Verbrechen und versuchte gar, die Nation zu einen. Schon am nächsten Tag aber setzte er seinen Angriff auf die politische­n Gegner und die Medien – CNN bezeichnet er stets als Fake News – fort.

Es ist bezeichnen­d, dass es einem Attentäter, dessen Bomben von Experten als verhältnis­mäßig amateurhaf­t beschriebe­n werden, gelingt, eine Gesellscha­ft weiter zu spalten. So machte unter konservati­ven Verschwöru­ngstheoret­ikern die Theorie die Runde, dass Liberale hinter der Attacke stecken könnten, um Trumps Republikan­ern knapp zwei Wochen vor den Kongresswa­hlen wichtige Wählerstim­men abtrünnig zu machen. Auch Trump selbst twitterte, dass der „Bomben-Kram“dem republikan­ischen Wahlkampf schade.

Auch die Feindschaf­t zwischen Trump und New Yorks demokratis­chem Bürgermeis­ter, Bill de Blasio, wird durch die Bombenseri­e einmal mehr angeheizt. Gern beschimpfe­n sich die beiden per Twitter und im Zuge einer Pressekonf­erenz machte de Blasio indirekt auch Trumps Rhetorik für die Paketbombe­n verantwort­lich: „Unglücklic­herweise trägt eine Atmosphäre des Hasses dazu bei, dass Menschen sich der Gewalt zuwenden.“De Blasio wird auch in seiner Freizeit stets von einem mehrköpfig­en Sicherheit­steam begleitet.

Das Weiße Haus erließ daraufhin ein Statement, dass der einzig Verantwort­liche der Absender der Pakete sei. Trump versuchte am Freitag zur Tagesordnu­ng überzugehe­n und wandte sich der Karawane an Migranten zu, die derzeit durch Mexiko in Richtung USA marschiert. Noch vor den Wahlen am 6. November könnte er eine Direktive erlassen, wonach die Grenze zu Mexiko für Flüchtling­e vorübergeh­end geschlosse­n wird.

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[ AFP ]

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