Wie der Preis einer Torte von 36,50 auf 450.000 Pfund steigt
Klar, die Angelsachsen spinnen, das ist nicht Österreich. Leider aber will unsere Gesinnungspolizei auch dorthin.
S ich beleidigt und diskriminiert zu wähnen ist im Westen immer mehr ein Pfund, mit dem sich wuchern lässt. Ich war nur einen Tag in London und hörte von einer Fülle unglaublicher Fälle. Ich beginne mit dem harmlosesten. Das Studentenwerk der Universität Kent befürchtet, dass Partyverkleidungen „beleidigend“, „diskriminierend“oder „auf Stereotypen basierend“wirken könnten, und hat daher soeben einen Leitfaden herausgebracht. Um den Studenten einen „safe space“zu sichern, werden folgende Kostümierungen explizit untersagt: „Kreuzzüge, Nazi-Uniformen, Priester und Nonnen, Native Americans, IS-Bomber, israelische Soldaten und – Friede sei mit ihm – der Prophet Mohammed.“
Solche Kostüme galten schon bisher als tabu, interessant sind die Neuzugänge auf der Verbotsliste: der Prolo, der Tory, der Träger eines Sombreros und – das hob die „Times“sogar auf die Titelseite – der gute alte Cowboy. Es könnte sich ja ein Mexikaner, ein Indianer oder ein Hackler auf einer Kenter Studentenparty kränken. Als Spaßbremse will das Studentenwerk nicht dastehen. Es schlägt daher Kostüme vor, die noch voll okay sind: „Höhlenmenschen, Aliens, UNO, alte Griechen und alte Römer“. Have fun guys!
Der Kenter Leitfaden wird nicht einmal Huthersteller groß schädigen. An den Rand der Existenzvernichtung wurden aber zwei christliche Zuckerbäcker in Belfast und Colorado getrieben. Beide wurden in einen jahrelangen Rechtskrieg verstrickt – wegen jeweils einer Torte. 2014 lehnte die Belfaster Konditorei Ashers ab, eine Torte mit dem Slogan „Support Gay Marriage“zu backen, der abgewiesene Aktivist klagte. Die Torte hätte 36,50 Pfund gekostet. Als das UK-Höchstgericht Ashers nun freisprach, lagen die Prozesskosten bei 450.000 Pfund. 250.000 war Steuergeld, verbraten von der staatlichen Equality Commission for Northern Ireland, die den Kläger unterstützte. Beleidigtheit zu schaffen und zu sühnen – daraus ist eine Branche geworden. Ä hnlich liegt der Fall der nicht gebackenen Hochzeitstorte in Colorado. Auch Jack Phillips hatte den Auftrag der Kundschaft abgelehnt, weil die bestellte Botschaft nicht mit seinem Glauben vereinbar war. Phillips wurde dafür sechs Jahre lang von der Colorado Civil Rights Commission verfolgt. Erst im Juni sprach ihn das US-Höchstgericht frei. Zwischenzeitlich musste er die Hochzeitstorten aufgeben – 40 Prozent seines Geschäfts – und wurde vom Staat zu einer Umerziehung seines Personals und zu quartalsmäßigen Compliance-Meldungen angehalten.
Klar, die Angelsachsen spinnen, das ist nicht Österreich. Leider aber will unsere Gesinnungspolizei auch dorthin. Der „Spectator“schreibt über einen langsam auch bei uns denkbaren Fall. Er handelt vom Comedyautor Graham Linehan, einem Leithammel der linken britischen Twitteria. Linehan nennt Konservative „dumm“, „hohl“und verhöhnt den Psychologieprofessor Jordan Peterson, der gegen das Gesetz auftritt, das die falsche Anrede von Transsexuellen in Kanada zur Straftat erklärt. Linehan hat 500.000 Follower.
Obwohl die britische Polizei jammert, dass sie sich mit „noncrime hate incidents“rumschlägt, während zwei Drittel der Einbrüche liegen bleiben, musste sie gerade wieder ausrücken. Wer wurde da verwarnt? Nanu, der linke Twitter-König! Linehan hatte eine Transgender-Aktivistin als „ihn“statt als „sie“angesprochen, noch dazu mit dem männlichen Vornamen. Also das geht gar nicht.