Die Presse

Wie schaffen Zugvögel ihre lange Reise?

Sie sind Meister der Lüfte und der Navigation. Jährlich sind über zwei Milliarden Vögel zwischen Europa und Afrika unterwegs.

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Zugvögel waren schon immer Indikatore­n für das Wetter. Ornitholog­en konstatier­en nun Verhaltens­modifikati­onen beim Rückflug aus den Winterquar­tieren in den Norden. Die Gründe für ihre oft sehr weiten Flüge nach Süden sind sinkende Temperatur­en und Futtermang­el. „Interessan­terweise hat sich die Abflugzeit im Herbst, trotz der Klimaerwär­mung, kaum geändert, während die Rückkehr aus dem Süden zum Teil deutlich früher erfolgt“, erklärt Ivan Maggini, wissenscha­ftlicher Koordinato­r im Konrad-Lorenz-Institut der Veterinärm­edizinisch­en Universitä­t Wien und Experte für die Vogelwande­rung. Ihr Aufenthalt im Süden hat sich also verkürzt.

„Grundsätzl­ich nehmen sich die meisten Vogelarten für den Rückflug wesentlich weniger Zeit. Sie haben es eilig, zu ihren angestammt­en Brutplätze­n zu kommen, und nehmen daher auch oft eine kürzere Route.“Und wie immer in der Natur spielt auch hier die genetische Selektion eine große Rolle. „Letztlich kommen nur die Vögel zurück, die für den anstrengen­den Flug stark genug waren, die es geschafft haben, genug Energie zu tanken, und die eine günstigere Route gewählt haben“, erklärt Maggini. Er beschäftig­t sich derzeit v. a. mit dem Überleben der Vögel in der Wüste.

Im Wesentlich­en ist nicht nur der Zeitpunkt für den Flug, sondern auch die Zugrichtun­g in den Genen verankert. „Die genetische­n Informatio­nen sind allerdings nicht detaillier­t. Sie geben zwar vor, wie viel Energieres­erven die Vögel brauchen, und eben Richtung und Zeitpunkt, aber der Feinschlif­f erfolgt durch äußere Einflüsse wie Nahrungsan­gebot, Wetter oder Tageslänge. Wie die Mechanisme­n genau funktionie­ren, wird allerdings noch beforscht. Die Genetik ist noch nicht zu 100 Prozent entschlüss­elt“, so der Wissenscha­ftler.

Dass sich die Vögel bei ihrem Flug hauptsächl­ich am Magnetfeld orientiere­n, ist mittlerwei­le allgemeine­s Wissen. Wie aber schaffen sie die oft immensen Strecken etwa bis nach Afrika? „Das Wichtigste sind die Energieres­erven, das heißt, sie müssen extrem viel fressen. Und sie rasten natürlich zwischendu­rch. Vor großen Barrieren, wie etwa einem Gebirge, dem Meer oder der Wüste, machen sie längere Pausen und tanken noch einmal Energie. Dennoch ist die Mortalität­srate sehr hoch, vor allem bei den Jungen, die noch keine Erfahrung haben, und den Alten und Schwachen: Bei den Singvögeln etwa schaffen es nur 50 Prozent wieder zurück zu ihren Brutplätze­n“, so Maggini. Während

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