Am Weg zu neuen Verschlüsselungstechnologien
Die beiden Österreicher Gregor Weihs und Thomas Jennewein bringen die Forschung im Bereich der Mehrphotoneninterferenz voran. Dafür wurden sie Anfang der Woche mit einer Wilhelm-Exner-Medaille geehrt.
Es ist eine alte Tradition: Seit 1921 verleiht der österreichische Gewerbeverein alljährlich die Wilhelm-Exner-Medaille an herausragende Wissenschaftler. Heuer sind zwei Österreicher darunter: Gregor Weihs von der Uni Innsbruck und Thomas Jennewein, der seit 2009 an der kanadischen Waterloo-Universität forscht. Anton Zeilinger, der auch die Laudatio bei der Verleihung im Palais Eschenbach hielt, hatte die beiden Quantenphysiker aufgrund eines Gemeinschaftsprojekts nominiert. Darin hatten sie erstmals eine echte Dreiphotoneninterferenz gezeigt.
Eine Interferenz entsteht, wenn sich Wellen überlagern und dabei entweder verstärken oder abschwächen. Bei einer Dreiphotoneninterferenz sind drei Lichtteilchen miteinander verschränkt, ohne dass sie aber paarweise interferieren. „Durchbrüche wie dieser lassen künftige quantenmechanische Anwendungen näherrücken“, erklärt Gregor Weihs.
In der Informationstechnologie sind quantenmechanische Effekte wie die Verschränkung von Photonen, also Lichtteilchen, von Interesse, weil sich Daten mit lichtbasierten Verfahren blitzschnell durch Glasfasern transportieren lassen und sich Möglichkeiten einer von außen unangreifbaren Verschlüsselung auftun könnten, der sogenannten Quantenkryptografie. „Bei den drei Photonen ist das mit einem Tresor vergleichbar, der sich nur öffnet, wenn mehrere Schlüssel gemeinsam das Schloss aufsperren.“
Bei der Verschränkung existieren Teilchen trotz großer örtlicher Entfernung voneinander in einem gemeinsamen physikalischen Zustand, von Einstein einst als „spuk- hafte Fernwirkung“bezeichnet. So können etwa zwei Photonen in ihrer Schwingungsrichtung, der Polarisation, verschränkt sein. Erst durch die Arbeit von Jennewein und Weihs gelang es, nicht nur zwei, sondern drei Photonen zu verschränken – und das nicht in der Polarisation, sondern in der Zeit. „Das ist eine Voraussetzung dafür, dass dies in der Glasfasertechnologie funktioniert.“Die beiden Physiker haben den Zeitpunkt gemessen, an dem die sich überlagernden Lichtwellen an einem bestimmten Ort ankamen. „Man kann sich das wie Schüler vorstellen, die ohne sich abzusprechen gleichzeitig zu früh oder zu spät in der Klasse eintreffen.“Das Messinstrument dazu, das Interferometer, hatten die Innsbrucker Forscher gebaut und nach Kanada gebracht, wo Thomas Jenneweins Team eine Photonenquelle für die drei Lichtteilchen realisiert hatte. „Sie interferierten wirklich nur gemeinsam, nicht einzeln oder paarweise.“
Auch wenn die Quantenkommunikation noch nicht direkt greifbar ist: „Jedes Experiment birgt die Chance, einen Schritt weiterzukommen.“Darum seien Mittel für die Grundlagenforschung so entscheidend, sagt Weihs. Aktuell arbeitet er daran, noch mehr Teilchen zu verschränken. „Damit der sinnbildliche Datentresor mehr Inhaber haben kann.“